Der Abgang – Auszug aus „Wächter der eigenen Gefangenschaft“ von Gerd Pradel

Der Abgang – Auszug aus „Wächter der eigenen Gefangenschaft“ von Gerd Pradel

Der Abgang

Für uns Soldaten, Gefreite und Unteroffiziere die Ihren Wehrdienst bei der NVA oder bei den Grenztruppen der DDR absolvierten, war der Tag an dem ein Diensthalbjahr zu Ende ging, ein ganz besonderer Tag. Unbeschreiblich schön war es auch für mich, da ich nun endlich nach Hause entlassen wurde. Entlassen, klingt etwas wie befreien und das war es auch. Eine Befreiung von irrsinnig erscheinenden Befehlen, von chaotischen Tagesabläufen und eine Erlösung von Dingen, die ich ganz sicher nicht gern getan habe. Die Jungs die noch ein halbes Jahr „dienen durften“, freuten sich natürlich auch, denn die nächste Entlassung war dann endlich auch Ihre und ab jetzt waren Sie die „Alten“, also das dritte Diensthalbjahr. Ich war 18 lange Monate bei den Grenztruppen und ich weiß, hier herrschte an jedem einzelnen Tag eine gewisse Unsicherheit. Wobei die sechs Monate Ausbildung, anders einzuordnen sind, als die Tage in denen ich in der Grenzkompanie verbracht hatte. Die Unsicherheit an diesem Tag, war die Frage, was kommen für neue Soldaten in die Kompanie. Die Leute die nach ihrem halben Jahr Ausbildung an die Grenze versetzt werden. Bei den Grenzern war das ein eigenartiges Gefühl über das manchmal auch offen, aber meist nur heimlich gesprochen wurde. Sind das alles „normale“ Soldaten, die nur Ihren Dienst leisten mussten, oder hatte vielleicht jemand eine Dummheit im Sinn? Damit meine ich auch Republikflucht, wie es damals genannt wurde. Und dann waren ja auch Soldaten von der Staatssicherheit dabei. Leute die zum Ausspionieren einfach den Dienst eines Soldaten mitmachten, einen auf dicken Kumpel spielten, nur um andere auszuhorchen und es dann weitermeldeten. Diese Unsicherheit war heute für mich endlich vorbei.

Unsere Kompanie, die 8.Grenzkompanie des Brockenbataillons kam heute früh von der Nachtschicht. Die letzte Schicht für unser Diensthalbjahr. Ich war als UvD (Unteroffizier vom Dienst) im Objekt geblieben. Obwohl ich nur ein Gefreiter war, war ich eben auch ein Gruppenführer. Bei uns hieß das 30 Mark Uffz. Aber darüber berichte ich später noch.

Jetzt wartete ich nur noch ungeduldig auf meine Ablösung, da nun bereits alle Fahrzeuge aus dem Grenzabschnitt angekommen sind. Aber auch jetzt waren die Nerven immer noch angespannt, denn sogar an diesem Tag wurde uns nochmal aufgezeigt, ihr seid noch bis 24 Uhr Angehörige der Grenztruppen der DDR.

Die anderen Jungs meines Diensthalbjahres widmeten sich schon unserer letzten Tradition, sie tranken Kaffee und aßen Torte. Währenddessen ich immer noch Dienst schob. An diesem Tag war man noch etwas kameradschaftlicher zueinander, als an den anderen Tagen. An Schlafen war jetzt jedenfalls noch nicht zu denken. Selbst die zukünftigen Gefreiten blieben noch wach und feierten unsere Heimfahrt mit. Es gab aber auch jene, die sich verkrochen hatten um ihre Tränen nicht zu zeigen. So ein Abgang war eine sehr emotionale Angelegenheit. Seitdem wir bei dem „Verein“ dabei waren hatten wir diesen Tag herbeigesehnt.

Zwölf Uhr sollte die offizielle Verabschiedung in einer Schule in Wernigerode stattfinden und bis dahin werden die mich schon ablösen, dachte ich. Dann war es endlich so weit, mein Nachfolger wurde „vergattert“ und mein letzter Dienst war beendet. Bis zur erhofften Abfahrt um 11 Uhr war jetzt noch genug Zeit um sich gebührend von den anderen Jungs zu verabschieden. Es wurden sich demonstrativ die Armeeklamotten ausgezogen und genüsslich die Zivilkleidung übergestreift und trotz des besonderen Tages oder gerade wegen des besonderen Tages wurden immer wieder kleine Späße über die verbleibende Dienstzeit der anderen gemacht. Am häufigsten fiel das Wort „Tagesilo“. Wenn es auch nicht mehr so ernst gemeint war, wie das ein oder andere Mal im zurückliegenden Halbjahr. Warum sollte es den Jungs bessergehen als uns, vor 180 Tagen. Der selbst gebastelte Bandmaßbehälter hatte nun ausgedient, er wurde aber immer noch voller Stolz getragen.

Adressen wurden ausgetauscht und das Versprechen abgegeben, einmal zu schreiben, dazu immer noch ein weiterer Kaffee getrunken. Eingeschenkt aus einer großen Blechkanne in die eigene Plastetasse. Wir hatten es nun wirklich geschafft. Die Spinte wurden geräumt und noch kleine „verbotene Dinge“ wechselten den Besitzer. Es hört sich heute einfach nur lächerlich an, wenn man die „Lukis“ (Luftsitzkissen) Radios, Spiritustabletten, EK-Artikel oder Bauteile für Bandmaßgehäuse als verboten bezeichnete. Ja, aber damals war es ebenso. Es wurde sich verabschiedet und bei dem einen oder anderen flossen wieder Tränen. Das war aber in diesem Moment keine Schande oder Schwäche. Man verabschiedete sich ja von Leuten, mit denen man mindestens ein halbes Jahr nicht nur die Grenze bewacht, sondern auch schöne Dinge und lustige Sachen erlebt hatte.

Später ging es mit gepackten Taschen zum Fahrzeug, mit dem wir die letzte Fahrt unserer Dienstzeit antreten sollten. Doch es wäre zu schön, wenn hier in der Grenzkompanie mal etwas funktionieren würde.

Der „Abgangs- LO“ von Robur stand bereit obwohl er schon einen technischen Mangel hatte – das Getriebe sollte kaputt sein. Die nächste aber auch letzte Schikane nahm seinen Lauf. Wir saßen auf dem Fahrzeug und hofften weiterhin pünktlich in Wernigerode zu sein. Der Vorschlag, einen anderen LO zu nehmen konnten nur von uns „Zivilisten“ kommen, denn man musste ja die Gefechtsbereitschaft der Kompanie gewährleisten. Denn wenn die Gefechtsbereitschaft nicht gewährleistet ist, ist der Sozialismus in großer Gefahr. Und der strategisch ganz wichtige Ort Rothesütte könne seine Bestimmung nicht erfüllen. Obwohl da ein kaputter LKW in der Einfahrt stand und andere Fahrzeuge sowieso nicht vorbeifahren konnten. Da war wieder diese Lächerlichkeit bei diesem „Unternehmen“. Der Mannschaftswagen wurde fahrbereit gemeldet.

Der Motor sprang unter den spöttischen Jubelrufen vieler Anwesenden an und fuhr endlich vom Hof, doch das Schalten der Gänge bereitete dem Fahrer hörbare Schwierigkeiten.

Da die Uhr bereits 11.30 Uhr anzeigte, war an eine pünktliche Abreise aus Wernigerode nicht mehr zu denken.

In Wernigerode warteten bereits einige unserer Angehörigen, denen es auch nicht viel besser erging. Die Fahrpläne hatte man vorher schon gründlich studiert und die Gedanken kreisten über die Abfahrtszeiten der Züge oder Busse und deren Anschlussverbindungen. Ich war davon wenigstens nicht betroffen und daher ganz entspannt, denn ich habe mit einem Kumpel, aus einem Nachbarort die Heimfahrt geplant. Seine Eltern holten ihn mit dem PKW ab und für mich war da auch noch Platz frei. Doch unser Abtransport endete bereits nach mehreren Metern, aber weit genug von der Kompanie entfernt um vielleicht schnelle Hilfe zu holen. Das Abgangslied war jedenfalls noch nicht zu Ende gesungen, als das erwartete Malheur, uns erwischte. Ja gut, ein Unfall wäre schlimmer gewesen, aber an so einem Tag ist eine Panne einfach nur schlecht. Da im Grenzgebiet der Verkehr eher gering war, warteten wir lange bis ein Fahrzeug vorbeikam. Dann wurde unsere Geduld wiederum auf die Probe gestellt warten…warten…warten. Aber das waren wir ja durch die letzten Monate gewohnt. Nach fast 2 Stunden passierte dann etwas Überraschendes. Eine Sache an die wir fast nicht mehr geglaubt hatten. Der Sozialismus war nun doch äußerst geschwächt, denn man hatte die Gefechtsbereitschaft der 8. Kompanie auf’s Spiel gesetzt, in dem man uns, einen Zweiten und dieses Mal einen funktionierenden LO geschickt hatte. Wir durften tatsächlich umsteigen. Die Laune war dadurch wieder etwas besser geworden, aber der Gedanke was noch alles passieren könnte, lähmte die ehemalige überschäumende Freude.

Sollte ich es jetzt wirklich überstanden haben? Ich stelle mir heute noch immer wieder viele Fragen und niemand sollte mir darauf Antworten geben. Selbst spätere Recherchen und die Einsicht in meine Stasiakte gaben mir keine Gewissheiten. Zu viele Zeilen waren darin geschwärzt und ich vermute, dass die Zeit als Grenzer komplett entfernt wurde.

Auch meine Fragen, wieso ich überhaupt an die Grenze kam? Wieso sind diese vielen Dinge passiert, die ich hier erlebt hatte? War das alles nur Zufall oder hatte man mich sogar bewusst provoziert und auf die Probe gestellt? Oder war ich doch nur ein Sandkorn in der Wüste und ich habe mir das alles bloß eingebildet?

Herbst- Heimgang Rufe erschallten wieder und kurz vor Wernigerode wurde noch einmal das Grenzer Lied aus voller Kehle gesungen. Als wir dann endlich in der Schule ankamen, trafen wir nicht auf freudestrahlende Angehörige, sondern auf eine verärgerte und unruhige Menschengruppe und ein paar Stabsoffiziere, die den Zeitpunkt unserer Ankunft herbeigesehnt hatten und nun bestimmt sehr froh darüber waren, aus der bestehenden unangenehmen Situation herauszukommen.

Was war hier geschehen? Kurz nach 12.00 Uhr, als die anderen EK´s (Entlassungskandidaten) bereits angetreten waren und alle immer noch hofften, dass wir, die 8. Kompanie endlich auftauchen würde, ergoss sich ein mächtiges Unwetter über Wernigerode. Die Schule war an diesem Tag geschlossen, darum fanden die Angehörigen kaum Unterstellmöglichkeiten. Nur ein überdachter Fahrradständer bot etwas Schutz vor dem heftigen Regenguss. Auch die „noch“ Soldaten in Zivil, wollten sich unterstellen, aber das Militär ist hart.

So standen die Jungs auf dem freien Platz und warteten, bis der heftige Schauer vorbei war. Auch die Offiziere waren völlig durchnässt und haben dann doch entschieden, die Verabschiedung ohne die 8. Kompanie durchzuführen. Die Angehörigen betrachteten diesen Akt als pure Willkür und Schikane, aber wir kannten das ja aus den gesamten 18 Monaten des Grundwehrdienstes.

Die drei anderen Kompanien unseres Bataillons waren schon lange weg, aber die Stabsoffiziere mussten sich immer noch die heftigen Beschimpfungen der anderen wartenden Familienangehörigen anhören. Nach dem wir endlich angekommen waren, nahmen wir noch einmal Aufstellung. Vor der Ansprache, erhielten wir noch, unsere verbotenen persönlichen Gegenstände zurück. Diese Dinge hatten in so einem „Lager“ eben nichts zu suchen. Ich bekam mein Radio „Cora“ und ein kaputtes Luftkissen zurück.

Alles Dinge, die mir 3 Wochen vor Dienstende bei einer Schrankkontrolle, weggenommen wurden. Aber diese Dinge habe ich natürlich sofort heimlich an den Fahrer, einen Soldaten des LKW weitergereicht. Ein Altengeschenk zum Abschluss, wie wir es nannten. Dann ließen wir noch einmal das für uns so sinnlose „blablabla“ über uns ergehen und es war geschafft. Lange vor dieser geplanten Abreise, hatten wir uns vorgenommen, mit dem Zug nach Hause zu fahren um dabei, das eine oder andere Bier zu kippen und so richtig zu feiern. Aber es wurde ja nichts daraus und es war vielleicht auch gut so. Denn auch bei der Heimreise hat man schon manchmal einige betrunkene Heimkehrer festgenommen, denn man ist ja noch bis 24 Uhr Angehöriger der Grenztruppen. So wurde es uns jedenfalls immer „eingehämmert“.

Auf unserer Heimfahrt im Auto, diskutierten wir dann noch heftig über die „sinnlosen“ Anweisungen und die nicht nachzuvollziehenden Befehle, die bei der Verabschiedung gegeben wurden. Aber es hatte ja nun ein Ende, ein glückliches Ende. Endlich wieder nach Hause zu kommen zu meiner kleinen Tochter und meiner Frau. Der Gedanke daran stimmte mich sehr froh.

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Das i-Tüpfelchen der Gemütlichkeit

Das i-Tüpfelchen der Gemütlichkeit

In der kalten Jahreszeit, wenn der Tag kurz und der Himmel grau ist,

tut es gut, innerlich für Licht und Wärme zu sorgen.

Oft hilft – wie im Gedicht – schon ein kleiner Wohlfühlmoment.

 

 

 

Das i-Tüpfelchen der Gemütlichkeit

Der Kachelofen, wohlig warm,

die Teekanne mit altem Charme.

Bin immer wieder gern bei dir,

denn es ist so gemütlich hier.

Und ich genieß – du kennst mich doch –

dein „Leg nur ruhig die Füße hoch!“

 

Eva Mutscher

 

„Die meisten von uns schätzen das behagliche Gefühl, wenn man sich ein warmes Bad einlässt. Und da in meiner Geschichtenwelt auch Dinge zu Wort kommen dürfen, lauschen wir einmal, was eine Badewanne erzählt, wenn sie drei Wünsche frei hat. “

www.eva-mutscher-geschichten.net

Die Geschichte zum Gedicht, erzählen wir Ihnen in der nächsten Woche.

Also bleiben Sie schön neugierig. 

 

Glücksorte in der Oberlausitz – ein Reiseführer von Antje Kluth

Glücksorte in der Oberlausitz – ein Reiseführer von Antje Kluth

im Droste Verlag erschienen

Als „Glücksorte-Fotograf“ durfte ich an diesem wunderschönen Reiseführer über unsere Oberlausitz mitarbeiten.
Selbst für mich als waschechten Oberlausitzer gab es noch viele Glücksorte zu entdecken.
Aktuell belegt er Platz 2 bei den TOP 5 in Deutschland.

19 fantastische Eindrücke von mir, abgelichtet im wohl schönsten Reisebegleiter der Region, erzählen Geschichten über Land und Leute.
Glücksorte mit Glücksmenschen.
80 Glücksorte aus einem Landstrich, den so mancher noch nicht kennt. Unvorstellbar.

Ich lade Sie ein in eine Region mit Geschichte und gelebter Tradition.
Meine Oberlausitz.
Komm her und werd glücklich.

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Horst Seidelmann – unvergessen

Horst Seidelmann – unvergessen

Horst Seidelmann – unvergessen

Tief bewegt erfuhren wir vom Ableben eines großen Künstlers unserer Oberlausitz.

Horst Seidelmann verstarb im Alter von 82 Jahren, am 11.01.2023.

1974 schloss er die  Hochschule für Bildende Künste in Dresden mit Erfolg ab und widmete sich in den Folgejahren der Malerei, Grafik und der Bildhauerei.

Seine Arbeiten fanden großes Interesse und prägten stark die zeitgenössische Kunstszene der Oberlausitz mit.

Oberlausitz-art trauert um einen bedeutenden Oberlausitzer-Künstler.

Seinen Angehörigen und seinen Freunden wünschen wir in diesen schweren Tagen viel Kraft und Zuversicht.

 

Im Gedenken und in Trauer

Oberlausitz-art

„Wächter der eigenen Gefangenschaft“

„Wächter der eigenen Gefangenschaft“

Ein Stück Lebensgeschichte – von Gerd Pradel

Sicherung der Staatsgrenze, für viele Zeitgenossen ist das noch ein Begriff. Auch nach nunmehr über 33 Jahren erinnert sich so mancher mit einem mulmigen Gefühl an diese Zeit. An eine Zeit hinter Stacheldraht, Mauer und Wachtürmen.  Für die Jungen unter uns sind es „Erzählungen von nach dem Krieg“, die während eines Ausflugs zu einem Grenz-Mahn-Denkmal  für kurze Zeit greifbar werden und nachdenklich machen. Und das ist gut so. Soll doch das kommunistische Bollwerk gegen den Kapitalismus, mit all seinen tragischen Auswirkungen, immer als Mahnung  gegenwärtig bleiben. Es war eine Zeit, die eine ganze Gesellschaft prägte, aber besonders die Männer, die ihren „Ehrendienst“ dort verrichten „durften“. Mit Einzelschicksalen und Auswirkungen bis heute. Einer davon ist Gerd Pradel.

1957 in Sachsen als Sohn einer Arbeiterfamilie mit schlesischen Wurzeln geboren, absolvierte er nach der Schule eine Lehre zum Baufacharbeiter. Er arbeitete einige Jahre in diesem Beruf. Das angestrebte Studium zum Bauingenieur wurde ihm wegen der damaligen politischen Systemforderungen verwehrt. Nach einer Umschulung arbeitete er viele Jahre in einer Baufirma als Hauptbuchhalter. Als Inspiration für sein Buch dienten ihm seine Erfahrungen, die er während der Absolvierung seiner Wehrpflicht an der Innerdeutschen Grenze sammeln konnte. Heute lebt er mit seiner Familie schon seit vielen Jahren in Steinigtwolmsdorf, nahe seinem Geburtsort.

„Für jeden Jugendlichen war es damals klar, dass er seinen Wehrdienst leisten musste.                       

Da ich viele Verwandte im anderen Teil Deutschlands hatte war mir schon sehr früh klar – an die Grenze komme ich nicht. In dieser Zeit dachte man auch schon darüber nach „abzuhauen“.               

Ich hatte auch kein Problem damit, so etwas auszusprechen. Dann wurde ich mit 22 Jahren eingezogen. Wohin? Natürlich an die Grenze. War das Zufall?
Zu dieser Zeit war ich bereits verheiratet und hatte ein Kind. In den Westen zu gehen war für mich keine Option mehr.                                                                                                                                      

Ein Offizier sagte in einem Gespräch zu mir: „ Genosse Pradel sie sind eigentlich nicht einmal für eine Bezirksgrenze zugelassen.“

 Dann war noch die Sache nahe Oebisfelde – noch ein Zufall?  Für mich zu viele Zufälle.
Diese bis heute nicht beantworteten Fragen haben mich inspiriert dieses Buch zu schreiben.“
Ein Auszug aus dem Buch „Wächter der eigenen Gefangenschaft“, hier auf oberlausitz-art, in weiteren wöchentlichen Blog-Beiträgen.

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Wärme, Wachstum, Leben – Kunstausstellung von Annabell Wendler

Wärme, Wachstum, Leben – Kunstausstellung von Annabell Wendler

Pressemitteilung:   Neue Ausstellung in Bischofswerda. Die aus Bischofswerda stammende Künstlerin Annabell Wendler lebt und arbeitet jetzt in Dresden. Nun endlich darf sie in der Carl-Lohse-Galerie, im sogenannten Bischofsitz ausstellen. Schon von früher Jugend an beschäftigt sich Annabell W. mit bildender Kunst. Zeichnungen, Aquarelle, Acrylmalerei aber auch Collagen und plastische Montagen sind zu ganz unterschiedlichen Themen entstanden. Mit einem Foto-Kalender 2021, verschiedenen Auftragswerken und „Spontanverkäufen“ sowie mit eigenständigen Ausstellungen und künstlerischen Aktionen in Dresden, konnten auch erste kommerzielle Erfolge erzielt werden. Oft spielen phantastische, träumerische Motive eine Rolle, wobei mit Licht und Schatten gespielt wird. Raum und Zeit verschwimmen in ihren Werken. Starke farbliche Akzente oder düstere Visionen ziehen die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich. Unter dem Titel „Wärme, Wachstum, Leben“ werden eine Serie neuer Bilder erstmals gezeigt, ergänzt durch Bilder die schon länger existieren. Immer wieder gibt es überraschendes zu entdecken und die Betrachter werden mitgenommen auf phantastische Reisen durch das Universum der Künstlerin. Je nach eigener Phantasie und Stimmung sind die Bilder mal leicht und luftig, mal schwer und melancholisch. In einem Mediaraum wird die Schau durch einen visualisierten Kunststreifen der Grafikdesignerin bereichert.

Der Linolschnitt/ Holzschnitt

Der Linolschnitt/ Holzschnitt

Geißfuß, Holeisen 5-12mm, mit festem Griff

Tipps & Tricks

Heute von:  „Holzer“  Jürgen Spottke

Der Linolschnitt hat im Holzschnitt seinen Ursprung.

Dürrer und Cranach beherrschten ihn und viele große bildende Künstler schufen Meisterwerke mit dieser Grafik-Gestaltung.

Ich denke da an Otto Pankok und natürlich an meinen Lehrer und Freund Erhard Gassan.  Er hat mich zu dieser Druckkunst gebracht. In den 70er Jahren habe ich viele Linolschnitte angefertigt und in zahlreichen Ausstellungen gezeigt.

Linol- und Holzschnitte brachten mich in dieser Zeit zum Holzrelief. Aus diesem Ursprung heraus waren meine ersten Arbeiten auch sehr flach, wie eben die Druckstöcke des Holzschnittes.

Um 1850 wurde das Linoleum erfunden. Ursprünglich als Fußbodenbelag. Es besteht aus Leinöl, Kork, Holzmehl und Zusätzen von Bleioxyd und Harz. Grundlage bildet ein Jutegewebe.

Viele Künstler entdeckten diesen beliebten Werkstoff, da er sich sehr gut bearbeiten lässt. Durch seine weiche Schnittführung ist Linoleum auch besonders für Kinder und Anfänger hervorragend geeignet. Linolschnitte und Linoldrucke lassen sich relativ leicht herstellen.

Was muss bei der Arbeit mit Linoleum beachtet werden?

  1. Das Linoleum sollte mindestens 3mm stark sein und eine glatte Oberfläche haben.
  2. Das Textilgewebe darf nicht beschädigt sein.
  3. Das Motiv und besonders die Schrift muss immer seitenverkehrt aufgezeichnet werden
  4. Bei der  Oberfläche des Linoleums auf Fettfreiheit achten. Bleistift oder Tusche tragen sich so besser auf.
  5. Dunkles Linoleum, vor Auftragen des Motivs, mit einer stark verdünnten weißen Deckschicht überziehen. Somit ist das Bild besser zu sehen.
  6. Anfänger sollten mit einfachen und kleinen Motiven beginnen.
Geißfuß, Holeisen 5-12mm, mit festem Griff

Geißfuß, Holeisen 5-12mm, mit festem Griff

Das Schneiden des Druckstockes! 

Hier darauf achten, dass das Schnitzmesser beim Umschneiden des Motivs immer zum Körper hingeführt wird. Das Motiv dabei nicht unterschneiden.

Ein Schnitzwerkzeuge, wie zum Beispiel der Geißfuß, wird immer vom Körper weg geführt.

Werkzeug-Hilfsmittel für Linolschnitt Arbeiten

    1. Grundsatz: immer auf gutes, scharfes Werkzeug achten
    2. Im Fachhandel gibt es Linolschnitt Messer, bei dem die Klingen einzeln in einen Holzgriff eingesetzt werden können.
    3. Für größere Arbeiten oder wenn sich längere Zeit mit dieser Technik beschäftigt wird, sollten einzelne Schnitzmesser mit fest integrierter Klinge angeschafft werden.
    4. Gummiwalze zum Einwalzen der Druckfarbe auf die geschnittene Linol-Platte
    5. Druckfarbe zum Beispiel in Tuben oder Büchsen, in verschiedenen Farben.
    6. Glasplatte oder Kunststoffbrettchen zum Auswalzen der Farben.
    7. Falzbein zum Abreiben des Papiers auf die Druckplatte (statt Druckpresse)
    8. Druckpapier, weich, saugfähig  (hervorragend geeignet Japanpapier)
    9. Zeichenblock für den Entwurf
    10. Transparent- oder Butterbrotpapier zum Übertragen auf das vorbereitete Linoleum.
    11. Auf Seitenverkehrt achten.
    12. Tusche schwarz, mit Pinsel oder Schreibfeder, alternativ Bleistift
    13. Lösungsmittel zum Säubern von Druckstock, Glasplatte und Walze
  1.  Druckmöglichkeiten

  1. Druck Schwarz -. Weiß, Verwendung Druckerschwärze
  2. Farbdruck, Verwendung 3 Farben, Blau, Gelb, Rot
    Bei Mehrfachdruck Druckpapier  richtig trocknen zwischen den einzelnen Farben.
    Arbeitsmittel gründlich reinigen.
    Zur Beachtung: Blau und Gelb = Grün
    Gelb und Rot  =  Orange
  3. Stoffdruck
    Linolstempel sind nicht nur auf Papier anwendbar. Besonders auf weißen Leinen werden gute Ergebnisse erzielt.

Und jetzt viel Spaß bei der Gestaltung Eurer eigenen Kunstwerke.

Geißfuß, Holeisen 5-12mm, mit festem Griff
Konrad im Land Siebenmut

Konrad im Land Siebenmut

(Die Burg Hochmut und den Zirkus Übermut hat Konrad hinter sich gelassen. Nun entdeckt er am Rande eines dunklen Waldes eine Hütte.)

… Vor der Hütte saß in einem Schaukelstuhl ein altes Männlein und wiegte bedächtig hin und her, vor und zurück, auf und nieder.

„Setz dich zu mir“, forderte es Konrad auf und wies auf einen Baumstumpf, der ihm als Hocker dienen sollte. „Ich bin der Waldhüter“, sagte das Männlein, „und habe dich erwartet.“

Konrad staunte. „Wie kann das sein?“

„Hat dich nicht dein Großvater losgeschickt, um etwas zu suchen?“

„Das stimmt“, sagte Konrad überrascht. „Einen besonderen Mut suche ich, damit mein Leben gelingt.“

„Dann finde heraus, ob du bei mir richtig bist, hier im Wald Wankelmut.“

Konrad schnappte nach Luft. „Wie bitte? Wankelmut? Dieses Wort kenne ich nicht. Aus welcher Zeit stammt das denn? Und was hat es mit dem Mut zu tun, den ich suche?“

Das Männlein hielt im Schaukeln inne, dann stieß es sich wieder ab. „Das will ich dir erklären. Du denkst bei Mut nur an Tapferkeit und große Heldentaten. Mut hat aber auch etwas mit deinem Gemüt zu tun, damit, wie es in deinem Herzen und in deiner Seele aussieht.“ Das Männchen verstummte, und sah Konrad an. Dann pflückte es sich ein Löwenzahnblatt und begann es genüsslich zu verspeisen.

„Und was bedeutet das für mich?“, wollte Konrad wissen.

„Es bedeutet, dass du hier hindurch musst. Danach wirst du wissen, ob dich Wankelmut voran bringt.“

„Sag mir einfach, ob er mir nützt, dann spare ich Zeit“, bat Konrad das Männlein, aber das schüttelte den Kopf. „Ich will dich gern heute Abend bewirten, aber morgen musst du selbst herausfinden, was dahinter steckt.“ Der Waldhüter kicherte. „Es wird aufregend werden, vielleicht auch verwirrend. Du kannst mir später berichten, wir sprechen uns bald wieder.“

„Bestimmt nicht“, widersprach Konrad. „Der Wald ist riesig. Mit Sicherheit kehre ich nicht noch einmal zurück.“

Der Waldhüter winkte ab. „Jetzt komm, ich bereite dir ein Nachtlager.“

Als Konrad sich zur Ruhe begab, nahm er sich vor, frühzeitig aufzubrechen. Doch als er im Morgengrauen die Augen aufschlug, schien es ihm plötzlich recht ungemütlich draußen. „Ob ich noch ein wenig liegen bleibe?“, dachte er. „Die Ruhe tut mir gut. Aber nein, ich wollte zeitig auf den Beinen sein.“ Ein Fuß angelte nach seiner Hose, dann verschwand er wieder unter der Bettdecke. „Man kann seine Meinung auch mal ändern“, murmelte er und schlief wieder ein. Der Wald Wankelmut hatte schon seine Arme nach ihm ausgestreckt.

Als Konrad beim dritten Versuch endlich aufbrach, schaute ihm der Waldhüter vergnügt hinterher.

Nach einer Stunde gabelte sich der Weg in verschiedene Richtungen. Konrad entdeckte staunend an jedem Abzweig einen Wegweiser. Er erfuhr die Himmelsrichtung, die Länge, die Besonderheit und Schwierigkeit des Weges und die Dauer, die er unterwegs sein würde. Konrad versuchte sich alles zu merken, dann ging er zum nächsten und zum übernächsten Schild. Er lief von einem zum anderen, um danach wieder von vorn anzufangen. Er hatte so viel über die verschiedenen Möglichkeiten erfahren, dass ihm der Kopf schwirrte.

Erschöpft ließ er sich im Gras nieder. „Es ist unmöglich“, stöhnte er. „Wie soll ich voran kommen, wenn ich mich nicht entscheiden kann?“ Er begann an den Fingern abzuzählen, ob er den kürzesten Weg nehmen sollte oder lieber den bequemen Weg. Sollte er allein durch das Dickicht kriechen, um niemandem zu begegnen oder sich auf dem breiten Weg anderen Wanderern anschließen?

Konrad fühlte sich hilflos wie nie in seinem Leben. Kaum hatte er sich für eine Möglichkeit begeistert, schob sich schon eine andere in den Vordergrund.

Endlich fasste er einen Entschluss. Der Weg, der ihm am nächsten war, den würde er nehmen. Konrad machte zielstrebig zwei, drei Schritte, dann drehte sich um und lief zurück. Wenn es nicht der richtige war?

Erleichtert hörte er, wie sich hinter ihm Stimmen näherten. Bald war eine Gruppe Wanderer an der Weggabelung eingetroffen. Nun wollte er beobachten, wie sich die anderen verhielten. „Das ist sicher hilfreich“, dachte Konrad. Doch er täuschte sich.

Jeder der Ankommenden strebte in seine eigene Richtung und versuchte Konrad zu überzeugen, warum nur diese die einzig richtige sei. Das verwirrte ihn so, dass er noch verzagter wurde. Ehe er entscheiden konnte, einen von ihnen zu begleiten, waren sie schon in alle Richtungen verschwunden.

„Ich bin so müde“, jammerte er. Aber die Worte seines Großvaters spukten in seinem Kopf und mahnten ihn. „Lauf einfach los, Konrad! Mach den ersten Schritt!“

Eine Idee ließ ihn aufspringen. Mit geschlossenen Augen begann er sich im Kreis zu drehen. Als er sie öffnete, lief er los, genau in die Richtung, die ihm vor der Nase lag. Nun ging es endlich voran. Er war wieder unterwegs und strebte seinem Ziel entgegen. Weil er voller Tatendrang marschierte, dauerte es kaum eine Stunde, bis sich der Wald lichtete. Konrad trat mit frohem Mut aus den Bäumen hervor und erstarrte.

Schaukelnd und mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht erwartete ihn der Waldhüter vor seiner Hütte.

Konrad fühlte Unmut in sich aufsteigen. Wie konnte dieses Männlein hier sitzen und fröhlich beobachten, wie er wertvolle Zeit verlor? Zeit, die er brauchte, um sein Lebensglück zu finden! Schon lagen ihm heftige Worte auf den Lippen, doch der Waldhüter kam ihm zuvor.

„Bist ein ganzes Stück vorangekommen. Wie gefällt er dir, der Wald Wankelmut?“

„Von wegen vorankommen!“, gab Konrad ärgerlich zurück. „Ich bin im Kreis gelaufen. Jetzt steh ich genau da, wo ich gestern war.“

„Der Ort ist derselbe, aber du bist nicht mehr derselbe, Konrad. Hast etwas dazugelernt, wie ich meine, und das wird dir helfen. Glaub mir, kaum ein Lebensweg führt schnurstracks geradeaus. Manchmal sind Umwege nützlich.“ …

Aus:
Eva Mutscher, Konrad im Land Siebenmut. Eine Geschichte vom Losgehen und Ankommen, ISBN 978-3-86917-837-0

© 2021 Verlag am Eschbach, Verlagsgruppe Patmos in der Schwabenverlag AG, Ostfildern.

Der erste Schritt

Der erste Schritt

Im Kopf hab ich ihn hundertmal gemacht, den allerersten Schritt.
Jetzt ist die Zeit, ich kann und will
doch meine Füße stehen still.

Es ist, als hält mich etwas fest und hindert mich voranzugehn
und das ist nicht verwunderlich,
zu viele Ketten halten mich.

Ich hab gesucht hab nach ihren Namen, und bald gefunden, wie sie heißen:
„Vielleicht“ und „später“, „jetzt nicht“, „dann“,
„mal sehn“, „noch nicht“ und „irgendwann“.

Der erste Schritt, egal wohin, ist jener, der am schwersten fällt.
Es braucht Verstand und Mut und Kraft,
damit man einen Anfang schafft:

vielleicht einmal Versöhnung wagen,
und Schwieriges standhaft ertragen,
von Unnützem sich recht bald trennen
was gut und wichtig ist, erkennen,
auch Neues tun und Neues lernen,
und greifen nach den hellsten Sternen,
beherzt marschier’n auf neuen Wegen
Vertrautes, Liebes sorgsam pflegen.

Geht es dir heute so wie mir? Zu zweit ist Vieles leichter.
Vielleicht kommst du ganz einfach mit,
und leichter fällt der erste Schritt.

©Eva Mutscher

Einleitung Januar 2023

Der Jahresbeginn ist für viele Menschen Anlass, über die eigenen Wege nachzudenken. Träume und Wünsche werden zu Plänen und Vorhaben. Doch manchmal ist es nicht leicht, den ersten Schritt zu wagen. Das Gedicht erzählt davon.

Konrad, der Held meiner märchenhaften Geschichte, sucht im Land Siebenmut sein Glück. Er entdeckt, dass es zwischen Mut und Gemüt einen erstaunlichen Zusammenhang gibt, lernt Hochmut kennen, auch Übermut und Wankelmut.

Dort, wo Sanftmut, Edelmut und Großmut zu Hause sind, fühlt er sich am wohlsten. Am Ende findet er jedoch überraschend etwas, dessen Wichtigkeit ihm bisher nicht bewusst war: Demut.

Gut gerüstet durch all diese Erfahrungen, packt er sein Leben nun mit einer ordentlichen Portion Wagemut an.

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