Lange Zeit war ich überzeugt, dass ein Garten-Blumenstrauß nichts als Freude macht, – dem, der ihn pflückt und dem, der ihn bekommt.
In den letzten Jahren habe ich erfahren, dass dieses Thema umstritten ist.
Vielleicht kann folgende Geschichte für blumige Vermittlung sorgen.
Johanna richtete sich auf und streckte den Rücken. Einen schönen Strauß hatte sie gepflückt, bunt und nicht zu groß – perfekt für einen Kaffeetisch. Sie fingerte in ihrer Gartenhose nach dem Band, da fiel ihr Blick auf einen Trieb des Rosenstockes, der hinüber zum Lavendel wuchs. „Dort bekommst du wenig Licht“, murmelte Johanna und versuchte, dem Zweig eine andere Richtung zu geben. Es gelang ihr nicht. „Na, da bekommt die Rosi noch ein Röschen dazu.“ Mit der Gartenschere gab sie dem Stiel die richtige Länge, dann platzierte sie die Rose zwischen den anderen Blüten im Strauß und dekorierte ihn mit Blättern. So farbenfroh und fröhlich war er geworden, dass sie ihn am liebsten selbst behalten hätte. Aber nein. Sie war gespannt auf die Augen ihrer alten Schulfreundin, wenn sie ihr heute Nachmittag den Strauß überreichen würde. Endlich hatten sie einmal Zeit füreinander gefunden.
“Schön, dass du da bist. Komm rein!“, rief Rosemarie, als sie die Tür öffnete, doch Johanna blieb stehen und hielt ihr den Strauß erwartungsvoll entgegen. „Für dich!“
„Oh! Hast du deinen Garten geplündert?“ Bevor Johanna ihr die Blumen in die Hand drücken konnte, war Rosemarie in der Küche verschwunden und klapperte mit Geschirr.
Johanna unterdrückte die Enttäuschung, folgte ihr in die Wohnung und versuchte es noch einmal: „Ist das nicht eine Farbenpracht?“
„Hm, wirklich hübsch, aber warum abpflücken? Ich denk, du liebst Blumen.“
Johanna schluckte.
„Jetzt lassen wir es uns schmecken“, schlug Rosemarie vor und schob ihren Besuch zum Kaffeetisch, „und dann wird erzählt.“
Johanna hielt den Strauß noch immer in der Hand. „Der muss ins Wasser.“
„Ach ja, mal sehn, ob ich was Passendes finde.“
Aus den Augenwinkeln beobachtete Johanna, wie ihr Strauß in einer großen Vase versank und neben dem Spülbecken stehen blieb.
‚Mach dir nichts draus‘, redete sie sich ein, ‚du wirst doch deswegen nicht sauer sein.‘ Allerdings schmeckte ihr der Kuchen nicht so recht und nur mit halbem Ohr vernahm sie das Geplauder der Freundin.
„Gesprächig bist du nicht gerade“, hörte sie Rosemarie sagen und bemühte sich, aufmerksamer zu sein. Sie erinnerten sich an gemeinsame Erlebnisse und schauten Fotos an. Wie viel hatten sie früher zusammen unternommen. Im Nu war es Abend.
„Wann treffen wir uns das nächste Mal?“, fragte Rosemarie gut gelaunt beim Abschied.
„Mal sehn, ich melde mich“, gab Johanna zurück und merkte, dass sie im Moment gar keine Lust darauf hatte. ‚Plündern‘ – spukte in ihrem Kopf.
Wochen vergingen und Johanna schob den Anruf immer wieder auf. War sie so eine Mimose? Rosemarie würde sich über das lange Schweigen wundern. Andererseits – warum hatte sie sich nicht einfach über den Blumenstrauß gefreut, ohne diese Bemerkung? Eine Weile kämpfte Johanna mit sich, dann dachte sie daran, dass die Freundschaft wichtiger war als ihr Stolz. Sie würde jetzt anrufen. Und dann? Erklären, dass sie beleidigt war? Sie kam sich albern vor. Bevor sie zum Hörer greifen konnte, klingelte das Telefon.
„Ach, du bist’s, Rosi“, murmelte Johanna. Das war Gedankenübertragung. „Ja, es soll schön werden am Wochenende. … Ach was, ich hab dich nicht vergessen. … Morgen? Nein, da mach ich Großeinsatz im Garten. … Das ist keine Ausrede. … Was willst du?“
Rosemarie hatte vorgeschlagen, im Garten zu helfen und ließ sich nicht abwimmeln.
‚Ich lass diese Großstadtpflanze doch nicht an meine Blumen‘, war Johannas erster Gedanke. Dann schalt sie sich ein kleinliches Weib. Vielleicht war die gemeinsame Beschäftigung im Garten ganz gut. Es hatte lange nicht geregnet, der Boden war staubig, nur dem Unkraut schien das nichts auszumachen. Auf alle Fälle musste die Hacke ran. Einige Stauden bogen sich unter der Last der Blüten und brauchten eine Stütze. Verblühtes war abzuschneiden, es gab genug zu tun.
Am nächsten Morgen wachte Johanna zeitig auf und als ihr einfiel, dass sie heut zu zweit im Garten arbeiten würden, huschte sie summend ins Bad. Nach dem Frühstück inspizierte sie ihren Geräteschuppen, freute sich über ihre gute Ausrüstung und stellte alles bereit: Spaten, Hacke, Grabegabel, einen großen Korb, Bindedraht und die Gartenschere. Als sie die Wassertonne füllte, hörte sie das Klingeln von Rosemaries Fahrrad.
„Du hast dich aber früh auf den Weg gemacht. Möchtest du einen Kaffee?“
„Lass uns gleich anfangen“, rief Rosemarie während sie sich im Garten umsah. „Aber hör mal, was wollen wir eigentlich machen? Sieht doch gut aus hier.“
Dass Pflanzen, die Unkraut genannt wurden, zwar an Wegrändern, in Wald und Wiese schön aussahen, aber ein Blumenbeet überwuchern konnten, darüber hatte Rosemarie nie nachgedacht. Johanna zeigte ihr, wie hinterlistig manches Schlingkraut sich breit machte und andere Blumen verdrängte, wie viele Pflanzen unzählige Samen verstreuten, die niemals alle auf einem Beet Platz hatten. Rosemarie hörte zu und machte alles, wie Johanna es ihr zeigte.
Die Sonne meinte es gut. Bald hatten beide ihre Ärmel hochgekrempelt und einen Sonnenhut aufgesetzt. Auch der Rücken machte sich bemerkbar, doch Rosemarie war nicht aufzuhalten, grub und hackte und band vorsichtig zarte Ranken an Holzstäbe. Sie wunderte sich, was alles zu tun war. Und noch mehr wunderte sie sich, wie viel Schönes sie entdeckte. Sie vermisste ihre Vormittag-Sendung nicht, sie hörte den Vögeln und Bienen zu, genoss jedes kleines Lüftchen, das ihr erhitztes Gesicht kühlte und atmete immer wieder tief ein, um die vielen Gartendüfte zu genießen.
„Geschafft!“, rief sie, als der letzte Korb mit Unkraut ausgeleert war.
„Gießen müssen wir noch.“ Johanna drückte ihr eine Kanne in die Hand. „Und dann gönnen wir uns was Feines.“
Erschöpft und glücklich saßen die Freundinnen später im Schatten und ließen es sich schmecken. Johanna bemerkte dankbar, dass nicht nur das Unkraut, sondern auch das letztes bisschen Groll verschwunden war. Die Harmonie tat ihr gut.
„Ich bin froh, dass du mir geholfen hast. Womit kann ich dir eine Freude machen?“, fragte sie schließlich. Rosemarie winkte ab. „Was soll das? Hab ich gern gemacht. Obwohl – vielleicht könnte ich mir einen Strauß mitnehmen, da hab ich ein Stückchen Garten im Zimmer.“
Johanna horchte auf. „Was? Du willst meinen Garten plündern?“ Den kleinen Seitenhieb konnte sie sich nicht verkneifen. Rosemarie brauchte eine kleine Weile, dann verstand sie und gab ihrer Freundin einen Klaps auf den Arm. „Guck mal, wie eng das Pfennigkraut steht und die Löwenmäulchen, die kriegen keine Luft. Da ist auch eine Margerite abgeknickt …“ Die beiden Freundinnen sahen sich an und lachten. „In Ordnung, schaffen wir Platz für neue Knospen.“
Gemeinsam schnitten sie einen üppigen Strauß und setzten sich wieder auf die Bank. Auf dem Beet war nicht zu merken, dass etwas fehlte. Zufrieden nickte Johanna. So sollte es sein.
„Ich hab eine Idee“, sagte Rosemarie nach ein paar Minuten. „Der Strauß ist groß, den teile ich. Weißt du, meiner Nachbarin geht’s nicht so gut, die wird sich freuen.“
Glücklich drückte Johanna Rosemaries Hand.
Sie hatte es ja immer gewusst: Arbeit im Garten trug vielerlei gute Früchte.
Vom 1.07. – 31.08. könnt Ihr aber weiterhin die Blog-Beitrag-Seite durchstöbern und die Informationen im Veranstaltungskalender nutzen.
Die Profile der Künstler stehen Euch zur Verfügung.
Schaut rein, es gibt immer etwas Neues zu entdecken.
Sicher wird es auch die eine oder andere Information auf Facebook geben und natürlich gibt es auch im Juli und August die Monatserzählung von Schriftstellerin Eva Mutscher.
Pünktlich im September erwarten Euch wieder spannende und interessante Interviews und News.
Oberlausitz-Art wünscht Euch einen schönen Sommer, tolle Ferien und bestaunt auch mal die Kunst an Euren Ferienorten.
Wer will, kann diese auch an uns senden, wir zeigen dann ab September die schönsten Kunstwerke von außerhalb der Oberlausitz auf unserer Seite.
Viel Spaß wünscht Euch das Team von oberlausitz-art
Einige werden sich noch an die Ochsen mit Karren im Löbauer Rosengarten oder an die Ritter im Bautzener Gesundbrunnen erinnern. Hölzerne Zeitzeugen der 80ger Jahre, die schon längst zerfallen sind oder noch vor dem „Mindesthaltbarkeitsdatum“ abgerissen wurden. Es waren gestaltete Spielelemente, welche man bis dahin kaum in unserer Oberlausitz gesehen hatte. Gewaltige Eichenstämme, Lärchenholz und Fichte, zusammengefügt und liebevoll beschnitzt, regten sie die Fantasie der Kinder und auch der Erwachsenen an und man kam einfach nicht umher, diese zu beklettern und damit zu spielen. Überall waren solche Spielplätze, öffentlich und auch in vielen Kindereinrichtungen. Wer steckte dahinter? Wer waren die Erbauer dieser Fantasiewelten?
Der Kern dieser Schnitzertruppe nannte sich Gruppe „Oberland“. Die Gründer waren der Löbauer Holzbildhauer Dieter Strahl und der aus Sohland/Spree stammende Langholzfahrer Jürgen Spottke. Heute als „Holzer“ bekannt lebt, wohnt und schnitzt er in Wilthen. Die Gruppe machten schließlich Wolfram Langer, Hans Geisler und Haiko Spottke komplett.
Die von „Oberland“ gestalteten Spielplätze entstanden in der Freizeit ihrer Erbauer. Vom zeitigen Frühjahr an bis in den Herbst trafen sie sich jeden Samstag und es entstanden Kinderträume aus Holz wie Drachen, Eselkarren und Kletterburg. So schufen sie ungewöhnliche Spielplatz-Unikate in der ganzen Oberlausitz, wie z.B. in Deutsch-Paulsdorf 1985, Löbau 1986, Görlitz im Tierpark 1987, Taubenheim 1987, Weigsdorf-Köblitz 1988 und 1989 im Kindergarten Wehrsdorf und im Gesundbrunnen Bautzen.
Auch über die Grenzen der Oberlausitz hinaus, waren die 5 Holzbildhauer bekannt. In Cottbus entstand 1985 ein Spielplatz zum Thema Ritter und in Altentreptow 1988 eine Anlage im Heimattiergarten. Diese hatte allerdings eine etwas größere Dimension und somit lud die Holzgestaltergruppe „Oberland“ sich weitere Holzkünstler zur Umsetzung des Projektes ein. Die reisten aus ziemlich allen Teilen der Republik an. Mit dabei waren Klaus Illner, Holzbildhauer aus Schwerin; Karl Niemann, Ingenieur aus Dresden; Gisela Mauermann, Bildhauerin aus Görlitz; Uwe Platner, Programmierer bei Robotron; Heiko Lindner, Holzgestalter aus Rudolstadt; Herbert Michalz, Betriebstischler bei der Reichsbahn in Bautzen und Jürgen Bergmann, heute Chef der Kulturinsel Einsiedel und deren Begründer.
Viele Stunden harte Arbeit, Leidenschaft und Herzblut steckten die Volkskünstler in ihre Projekte. Belohnt wurden sie mit strahlenden Kinderaugen und einer Auszeichnung als „Hervorragendes Volkskunstkollektiv“ der DDR.
Fotos: privat und Axel Gebauer, Peter Heyne (Tierpark Görlitz 1987)
Beim Betrachten der Werke sieht man sich, auf den ersten Blick, in eine vergangene Zeit zurückversetzt. Fein gezeichnete Linien, Ornamentik im Bohemian Style die von der Sehnsucht nach Freiheit, Liebe, Kunst und Freude zeugen, aber auch mit zeitgenössischer Kritik und einem, mit erhobenem Zeigefinger einhergehendem Freigeist uns Betrachter zum Nachdenken ermahnend. Ungewöhnliches gesellt sich zu liebevollen Details und farbenfrohe Gestaltungen gehen Hand in Hand mit skurrilen Figuren. So zeigen sich uns die Arbeiten von Ramona Boehme.
Wie kam die Künstlerin zu diesem Stil und was treibt sie an?
Frau Boehme, wie sind Sie zum Bohemian Style gekommen? Was fasziniert Sie so daran?
Jeder Künstler, jeder Kunstliebhaber, jede Person hat seinen eigenen Geschmack was Kunst betrifft, mit der er sich gern umgibt. Den altertümlichen, abgenutzten und dennoch kunstvollen alten Stil fand ich schon, seit ich denken kann, faszinierend und interessant. Nach den Jahren, in denen ich an meinen Fähigkeiten gearbeitet und viele Dinge ausprobiert habe, fühle ich mich nun in der Lage, selbst solche Werke zu kreieren. Vieles ist auch meiner Liebe zu “Glitzer” und “Schein” zu verdanken, dass ich gern auf meine Werke Gold und leuchtende Akzente setze.
Benutzen Sie ausschließlich diese Kunstform oder arbeiten Sie auch mit anderen Techniken?
Die persönliche Entwicklung eines Künstlers ist immer im Werden, ein ständig fortschreitender Prozess und immer am Entwickeln. Gern würde ich, im Moment, all meine Werke in diesem Stil anfertigen, aber es gibt so viele andere Stile, die ich ebenfalls experimentell erforschen will. Letztendlich denke ich, entwickelt sich daraus ein komplett neuer, ganz eigener Stil, den ich selbst noch nicht voraussehen kann. Viele Bilder, welche ich relativ kürzlich gemalt habe, sind in Aquarell oder Tusche, oder einer Kombination aus beiden, aber ich habe auch viele in Ölfarbe gemalt, vor allem meine ersten Bilder sind ausschließlich in Öl. Für Ölfarben gibt es Metallpigmente, die ich liebe. Alle diese Techniken, Ölfarbe, Aquarell, Tusche, Acryl, lassen sich perfekt mit Blattgold kombinieren. Vor allem dreidimensionale Arbeiten auf Holzbasis profitieren besonders davon. Von den Holzarbeiten habe ich jedoch kein Bild fertig, da gibt es leider noch nichts Konkretes zum Zeigen. Ich restauriere auch alte Rahmen. Nicht professionell wie Künstler, die es richtig gelernt haben, aber für eine einfache Restauration ist es gut genug.
Sie arbeiten ja wahrscheinlich nicht nur für sich selbst. Wer sind Ihre Kunden und wo genau finden Ihre Werke ihren Platz?
Ja, das stimmt, ich arbeite auch an Auftragsarbeiten. Die Aufträge kommen dabei aus allen künstlerischen Richtungen, da man sich oft die Aufträge nicht immer aussuchen kann. Zu meinen Auftraggebern zählen Metal Bands, Privatpersonen, kleine Unternehmen, und andere Kreative, welche die Visualisierung eigener Ideen benötigen, z. B. Illustrationen für ein Kinderbuch oder Gedichtbuch.
Benötigen Sie bestimmte Hilfsmittel?
Tusche, Aquarell und Blattgold sind die Medien, welche ich in letzter Zeit am häufigsten und am liebsten einsetze. Jedoch versuche ich den Tusche- und Aquarellstil mit Ölfarben oder Acrylfarben zu reproduzieren, da ich diese Farben, besonders Öl, ebenfalls liebe. Da ich gern mit meinen Bildern in die Dreidimensionalität gehe, arbeite ich auch mit Holz und Ton (backbarer Polymer Clay). Alle Medien, Holz, Ton, Ölfarbe im Tusche- und Aquarellstil, mit Gold verziert, kombiniert lassen mein Herz höher schlagen.
Sie haben eine sehr interessante Website. Viele Beispiele kann man sich dort anschauen. Sind Sie auch in einer Galerie vertreten? Gibt es eine aktuelle Ausstellung?
Vor ein paar Jahren habe ich verschiedene Galerien angeschrieben, aber von keiner eine Antwort, weder Zusage noch Absage, erhalten. Nein, ich werde von keiner Galerie vertreten. Von unserer Zittauer Kunstlade bekam ich damals leider eine Absage. Eigentlich wäre meine aktuelle Ausstellung in der Sparkasse Zittau gewesen, diese wurde aufgrund von Umbauarbeiten auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben (das betrifft aber auch andere Künstler). Da ich eine sehr durchwachsene Sammlung an Bildern aus verschiedenen Richtungen habe und diese meist sehr dunkler Natur sind, ist es schwer für mich hier in der Lausitz einen Platz zu finden, an dem ich ausstellen kann, da viele diese Art von Bildern nicht mögen oder gar abstoßend finden. Aber ja, es stimmt, ich muss mich wieder drehen und Kontakt mit Galerien und anderen Institutionen aufnehmen, um einfach mal wieder nachzufragen.
Sind Sie in unserer Gegend die einzige Künstlerin, welche sich mit Bohemian Style beschäftigt? Können Sie sich mit jemandem austauschen?
Leider scheinen nicht viele visuelle Künstler diese Richtung oder die Richtung der Dark Arts ansprechend zu finden, sodass ich damit, bis auf die Welt der Online-Plattformen, hier sehr allein dastehe.
Können Sie uns verraten, an was Sie im Augenblick arbeiten?
Ich arbeite nie nur an einem Bild oder Projekt. Im Moment arbeite ich hauptsächlich an Auftragsarbeiten, wie zum Beispiel an Zeichnungen für ein Kinderbuch, und an einem Cover für ein Metal Album gleich im Anschluss. Meine eigenen Bilder an denen ich arbeite sind ein Schädel Portrait, einer Holzbasis für eine dreidimensionale Weltkarte, einer Holzbasis für ein mehr esoterisches Projekt ähnlich der Weltkarte, nebst einem goldenen Schädel aus Ton, der auf seinen Abschluss wartet, und vier große Bilder im Stil von Bouguereau. Letztere warten schon eine sehr lange Zeit.
Können Interessenten sich von Ihnen Schulen lassen? Betreuen Sie einen Mal- und Zeichenzirkel?
Ich würde mich geehrt fühlen, wenn jemand Interesse daran hätte, von mir zu lernen. Jedoch muss ich sagen, dass ich keine Erfahrungen im Lehren habe, alles würde sehr organisch ablaufen. Was einen Mal- und Zeichenzirkel angeht, wäre es schon schön, wenn es hier in der Gegend einen geben würde. Ich meine nicht einen Zirkel, wo jemand ein Lehrer und der andere ein Schüler ist. Ich meine einen Kunstzirkel, hier in der Lausitz, wo Künstler zusammenkommen und in einer gemeinsamen Räumlichkeit an eigenen oder gemeinsamen Projekten arbeiten. Wie in einem gemeinsamen Atelier. Leider scheint es hier so etwas nicht zu geben. Jedenfalls nicht hier in der Zittauer Ecke.
Bei Kunst-offen im Mai konnte man Sie in Ihrer Werkstatt besuchen. Wie war die Resonanz?
Die Resonanz war leider sehr mang. Hier in der Zittauer Gegend haben sich drei Künstler beteiligt, Tobias aka “Mutate”, eine Künstlerin aus Ostritz, und ich. Es ist verständlich, dass sich da kaum jemand hierher wagt. Es lohnt sich ja eigentlich nicht. An den zwei Tagen, an denen ich geöffnet hatte, hat mich nur einer meiner aktuellen Kunden besucht, der mein Atelier sehen wollte.
Frau Boehme, Sie sind in der Oberlausitz geboren. Welche Einflüsse haben Sie geprägt? Was gefällt Ihnen hier besonders? Und was nicht?
Persönlich würde ich sagen, dass ich nicht viel von den hiesigen Einflüssen geprägt wurde, aber unterbewusst gibt es vielleicht schon das eine oder andere. Meine weltoffene Seite wurde stark durch das Aufkommen und Wachsen des Internets geprägt, auch meine Reisen in den letzten Jahren haben mich mehr geprägt. Auf meinen Reisen zu Workshops lernte ich, zusammen mit anderen Künstlern, von Künstlern, zu denen wir aufsehen. Oder ich traf mich mit anderen Künstlern in einer mehr messeähnlichen Umgebung. Ich mag die ländliche Gegend hier und die Architektur der Fachwerkhäuser. Es ist sehr ruhig hier und man hat (noch) einige Waldstücke, in denen man wandern gehen und etwas abschalten kann. Leider sieht es in Sachen Kunst, verglichen mit dem Teil Sachsen westlich von Dresden, auch ziemlich ruhig aus. Schon dass sich so wenige an Kunst offen in Sachsen beteiligt haben, finde ich schade. Jeder scheint sein eigenes Süppchen zu brauen. Aber ich bin leider auch nicht der Typ, der federführend hinausgeht und gemeinsame Dinge einleitet.
Frau Boehme, vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg.
Mit dem nachfolgenden Textauszug möchte ich Sie neugierig auf „Das Märchen vom kleinen Jetzt“ machen.
Egal, wie die Zeit rennt, wir können sie nicht anhalten, verlangsamen oder beschleunigen.
Was wir können ist, manchmal ein bisschen genauer hinhören, wenn jemand leise an unserem Ohr „Jetzt!“ wispert.
Das Märchen vom kleinen Jetzt
Das kleine Jetzt hatte viel zu tun. Unermüdlich erinnerte es die Menschen daran, sich auf das zu besinnen, was gerade geschah – um sie herum und in ihnen drin, nicht gestern oder morgen, nicht vorhin oder bald, sondern genau jetzt.
Gerade weil es den Menschen so schwer fiel, das kleine Jetzt zu bemerken, nahm es seine Aufgabe ernst. Es stupste den einen an, rüttelte am anderen und versuchte, aufmerksam zu machen: auf die schönen Augenblicke, auf die großen Momente, genauso auf das Alltägliche und auch auf das Schwere. All das gehörte hinein in ein Menschenleben. So jedenfalls wurde es gelehrt, hoch oben im Palast der Ewigkeit. Von dort sauste das kleine Jetzt hinab, um die Menschen zu besuchen und dahin kehrte es zurück, wenn sie sich zur Ruhe legten. Dann wandelte es durch den Palast, der mit großen und kleinen Zeiträumen gefüllt war.
Am liebsten beobachtete das kleine Jetzt die Zeitgeister bei ihrer Arbeit. Pausenlos reihten sie Sekunden aneinander und fädelten sie auf eine Lebensschnur, genau wie Perlen auf eine Kette. Jeder Mensch bekam eine davon.
Eines Abends kehrte das kleine Jetzt von der Erde zurück in den Palast der Ewigkeit und konnte seinen Unmut nicht verbergen.
„Von früh bis spät habe ich versucht, die Menschen aufmerksam zu machen. Aufmerksam auf das, was gerade geschieht. Ich habe mich auf ihre Schultern gesetzt und ihnen ins Ohr geflüstert: ‚Jetzt-jetzt-jetzt!‘ Aber sie wollten mich nicht hören. Ich weiß nicht, wie das weitergehen soll. Sie verpassen einen Teil ihres Lebens und merken es nicht einmal.“
Das kleine Jetzt seufzte und verkündete: „Ich habe keine Lust mehr, mich darum zu kümmern. Sollen sie sich doch verlieren in dem, was war oder in dem, was kommt. Wenn sie mich nicht beachten, gehe ich einfach nicht mehr hinunter auf die Erde.“
Die Zeitgeister waren entsetzt. „Was soll dann aus unserer Arbeit werden? Jede Sekunde ist eine kostbare Perle auf der Lebensschnur eines Menschen. Niemand kennt ihren Wert so gut wie du und keiner außer dir kann das den Menschen zeigen.“
Das kleine Jetzt hob resigniert die Schultern.
„Ich wollte es ja zeigen. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was ich alles probiert habe. Aber nichts funktioniert mehr. Die meisten haben mich überhaupt nicht wahrgenommen.“
Die Zeitgeister hörten zu und machten betroffene Gesichter.
„Dann können wir ja statt der bunt schillernden Sekundenperlen auch farblose Murmeln auffädeln oder auf der Schnur große Lücken lassen“, brummte ein Zeitgeist.
„Oder einen Knoten nach dem anderen machen“, schlug der zweite verärgert vor.
„Wofür tun wir das hier eigentlich?“, beschwerte sich ein nächster.
Andere jedoch forderten: „Das kleine Jetzt ist wichtig. Es darf nicht aufgeben, sich bemerkbar zu machen! Dann hat unsere Arbeit wieder einen Sinn.“
Tagelang überlegte das kleine Jetzt, an wen es sich mit seinem Kummer wenden und wo es Hilfe finden könne. Die Zeitgeister hatten zwar verständnisvoll zugehört, doch sie waren zu beschäftigt, um sich mit diesen Sorgen zu befassen. Schließlich waren unzählige Sekunden zu hüten, zu sortieren und in der richtige Folge aufzureihen. Das kleine Jetzt wusste, dass jede Ablenkung Fehler nach sich ziehen konnte und das würde fatale Folgen für ein Menschenleben haben. Es grübelte weiter und kam sich schließlich ganz verlassen vor. Keine Idee, kein guter Rat war in Sicht. Niedergeschlagen schaute das kleine Jetzt zur Erde hinab. Die Menschen kamen scheinbar alleine zurecht.
Doch was war das? Ein dunkler Schleier zog über die Erde. Nur vereinzelt drangen helle Punkte durch das traurige Grau. Das kleine Jetzt wunderte sich und hielt einen Zeitgeist auf, der gerade mit einem Arm voll neuer Sekunden vorbeieilte.
„Warte!“, rief es. „Weißt du, was da unten los ist?“
Der Zeitgeist warf einen kurzen Blick hinunter und zuckte mit den Schultern.
„Scheinbar ist die graue Unzufriedenheit auf dem Vormarsch. Neulich waren nur ein paar Flecken zu sehen. Es ist unglaublich, wie schnell sie sich ausbreitet.“ Der Zeitgeist raffte die Sekunden zusammen, die ihm aus den Armen rutschten und rief im Weiterlaufen: „Dir wird nichts anderes übrig bleiben. Du musst wieder hinunter. Sonst nimmt es ein schlimmes Ende.“ Schon war er im nächsten Zeitraum verschwunden.
Das kleine Jetzt stöhnte. „Wenn sie einfach nicht auf mich hören …“ Es kam sich nutzlos vor, und das geschäftige Treiben ringsum machte es nicht besser.
„Da sind die Zeitgeister pausenlos am Werk und keiner will ihre Arbeit achten. Dabei ist jede Sekundenperle einzigartig. Es nutzt nichts, ich mach mich noch einmal auf den Weg.“
Das kleine Jetzt sammelte seine besten Vorsätze, nahm allen Mut zusammen und besuchte die Menschen erneut. Bald landete es an einer Stelle, an der besonders viele und große Häuser beieinander standen. Hier lebten unzählige Menschen auf engem Raum. Es musste doch gelingen, zu einigen durchzudringen. Wäre da nicht dieser Lärm gewesen. Das kleine Jetzt setzte sich einem nach dem anderen auf die Schulter und rief in unzählige Ohren: „Jetzt-jetzt-jetzt!“, immer in der Hoffnung, dass jemand aufmerksam werden und sich auf den Moment besinnen würde. Doch das Rufen ging in der Vielzahl der Geräusche unter. Ab und zu schien es, als ob ein Mensch kurz aufhorchen würde. Wenn ihm dann das kleine Jetzt einen Sonnenstrahl vor die Augen zog und den Wert eines Augenblicks zeigen wollte, hörte es nur: „Weißt du, was letzte Woche wieder los war?“ oder „Früher … ich kann das einfach nicht vergessen.“ oder „Warum musste mir das damals passieren?“
„Sind die alle von gestern?“, stöhnte es und spornte sich im Weiterlaufen an. „Ich lasse mich nicht abwimmeln.“ Aber die nächsten, die es traf, schienen auf etwas zu warten und sich nur mit künftigen Dingen zu beschäftigen. Sie trugen Kalender mit sich herum und das kleine Jetzt hörte schnell ihre Lieblingsworte heraus: „Wenn …“ und „,dann …“.
„Hallo!“, rief es einem zu, der ungeduldig auf die Uhr schaute. „Du verpasst gerade dein Leben!“ Doch außer einem verständnislosen Blick kam keine Reaktion. „Wann wird der Zeitpunkt da sein, den du herbeisehnst? Morgen, nächstes Jahr oder irgendwann?“
Nun ist es schon wieder einige Tage her, das bunte Treiben zum Bautzener Frühling. Fröhliche, ausgelassene Besucher die sich von den vielfältigen Angeboten locken lassen. Für Jedermann war wohl etwas dabei, was das Herz begehrt. Eines sollte aber jedem Besucher aufgefallen sein. Das Plakat zum Bautzener Frühling.
Wie schon viele Jahre lacht es uns im Frühling an und verbreitet gute Laune. Wer aber steckt hinter dem Plakat? Wer ist das künstlerische Talent? Oberlausitz-art hat nachgefragt und interessante Details erfahren.
Rebekka Rauschhardt, geboren 1978 in Dresden, aufgewachsen in Zwickau und in Nadelwitz bei Bautzen, hat diese wunderschönen Bilder gemalt.
Wie kam es zu diesem Auftrag?
Im Winter vor 10 Jahren klingelte das Telefon von Frau Rauschhardt. Am andern Ende der Leitung: Andreas Hennig. Kulturbüro. Bautzen. Sie ging ran und im weiteren Verlauf begann die Geschichte von den zwei Mädchen, die den Bautzener Frühling auf Plakaten und Prospekten seither mit Tieren und Pflanzen in Pose begleiten. Im Mai 2013 lobte die Stadt Bautzen einen Namenswettbewerb aus, woran sich alle Kunstschaffenden beteiligen konnten. Als Gewinn ein „scharfes“ Überraschungspaket der Firma „Bautz´ner“, welches inzwischen hoffentlich auch aufgebraucht wurde. Die Bautzener Frühlingsmädchen wurden getauft auf Jara und Flora. Wobei die Künstlerin beim Malen des Motives jedes Mal hin und hergerissen ist, ob nun Jara oder doch die Flora die größere von beiden sein könnte. Frau Rauschhardt freut sich über Tipps und Hinweise. Darüber hinaus wurde das Original – Kunstwerk auf dem Bautzener Frühling durch Andreas Hennig meistbietend für einen guten Zweck versteigert. Der Jugendclub und auch das Tierheim durften sich den Erlös teilen.
Rebekka Rauschhardt studierte von 2005 – 2010 Malerei und textile Künste auf Burg Giebichenstein, Halle. Seitdem ist sie freischaffend in Halle (Saale) & Angersdorf tätig.
Projekte und baubezogene Kunst
Seit 2006 wird sie regelmäßig in baubezogener Kunst künstlerisch tätig. Dabei handelt es sich um künstlerische Wandgestaltungen mit verschiedenen Materialen; z.B. Farbe, Fliesen, textile Arbeiten aber auch um Bildhauerische Werke aus Stein.
Rebekka Rauschhardt engagiert sich seit 2011 in Künstlerkollektiven und war in folgenden erfolgreichen selbstorganisierten Plattformen Gründungsmitglied und Hausmeisterin in einem: TEXTILE BANDE, RAUSCHICKERMANN und SICHTBAR – zeitgenössische Kunst.
Ausstellungen und Stipendien
Sofern sich Frau Rauschhardt richtig erinnert, stellte sie in den letzten 20 Jahren regional und überregional ihre Malerei und Textilen Werke fortlaufend aus. Besonders schöne Erinnerungen hat sie an Ausstellungen in der Mühle in Meschwitz, mit Achsenbruch in Worms, an Berlin komplett ausverkauft, selbstverständlich Halle, aber auch aktuell in Born a. Darß, ganz aufregend in Palma de Mallorca, kürzlich in Biberach an der Riss, hochschwanger in Leipzig und unvergesslich in Magdeburg. Woanders auch, ganzjährig z.B. in Erfurt auf der Krämerbrücke. Sie erhielt Stipendien der Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt für zwei interdisziplinäre Kunstprojekte, die sich ausgiebig mit ihren Mitmenschen beschäftigten: DIE WÄSCHE MEINER NACHBARN (2012) umfasst eine ordentliche küchenpsychologische Auswertung von Wäschehängungen im öffentlichen Raum (textil umgesetzt und leider durch die Künstlerin selbst psychologisch in Textform umrissen) – eine Hommage an alle, die sich noch trauen. Und 1,2,3,4, ECKSTEIN – ALLES MUSS VERSTECKT SEIN – Steinskulpturen für das Heimatmuseum Diesdorf in der Altmark (Endmoräne).
Oberlausitz-art wünscht Frau Rebekka Rauschhardt weiterhin viel Erfolg in ihrer künstlerischen Tätigkeit, weiterhin super Ideen für die nächsten Plakate zum Bautzener-Frühling und uns viel Freude und Vergnügen beim Betrachten von Jara und Flora. Und vielleicht bekommt ja jemand heraus, welches Mädchen größer ist.
Auf ein letztes Wort Frau Rauschhardt: „Ein herzliches Dankeschön an alle, die dabei waren! Es war mir immer eine große Freude, die Frühlingsmädchen zu entwickeln, jeder Pinselstrich war mir eine Wonne.“