Von Vertreibung, Flucht und Neuanfang – Eine Familiengeschichte

Von Vertreibung, Flucht und Neuanfang – Eine Familiengeschichte

Tipp

Am Freitag, den 28.04.2023 lese ich, Sylvia Mönnich im Rahmen der Leipziger Buchmesse im Café Yellow des Kulturhauses auf der Steinstraße einige Episoden aus meinem Buch.

Menschen in Not. Rausgeschmissen mit dem, was sie auf dem Leib trugen und in ein paar Stunden zusammenpacken konnten. Eine Irrfahrt ins Ungewisse! Eine aktuelle, uns allen bewusste Situation wird so mancher denken. Aber die Geschichte zeigt uns, Vertreibung und Flucht waren ein Thema, dem sich die Menschen auch nach dem Zweiten Weltkrieg stellen mussten.

So in dieser Familiengeschichte recherchiert und zusammengetragen von Sylvia Mönnich. Ihre Mutter erlebte die Vertreibung aus Ungarn nach dem Zweiten Weltkrieg als Achtjährige, ausgewiesen aus dem ungarn-deutschen Dorf Felsönána mit vielen anderen deutschen Familien, die das gleiche, tragische Schicksal unverschuldet erlitten.

Des Vaters Geburtsstätte lag in der Nähe von Waldenburg, dem heutigen Walbrzych in Niederschlesien. Auch sein Schicksal war geprägt von Vertreibung und Neubeginn. Das Potsdamer Abkommen gab den Siegermächten nach Kriegsende das Recht, die seit dem 18. Jahrhundert in Ungarn oder Schlesien ansässigen Deutschen aus ihren Wirtschaften zu vertreiben und in die Grenzen des neuen Deutschlands zu verweisen. Für beide Familien ein einschneidendes Erlebnis und schmerzlicher Wendepunkt in ihrem Leben.

Sylvia Mönnichs Buch über den Lebensweg ihrer Vorfahren beginnt mit den Worten: „Raustreten! Sachen packen! Stiefel traten gegen die geschlossene Eingangstür, danach unverständliches Gebrüll.“ und macht uns neugierig. Wie kamen die Vorfahren ihrer Mutter überhaupt zu einer Bauernwirtschaft in Ungarn? Wie lebten sie in ihrer angestammten Heimat und warum wurden sie vertrieben? Warum brachte man Vaters Familie erst 1948 von Schlesien in das deutsche Schlema, Zentrum des Uranbergbaus? Welche Gefahren begegneten ihnen auf dem Track? Und was waren ihre Vorstellungen und Sehnsüchte an ihrem neuen Aufenthaltsort in Deutschland?

Sylvia Mönnich hat das Glück, dass ihre Eltern noch leben. Sie gruben tief in ihren Erinnerungen und überlieferten viele Begebenheiten und Episoden. Manches stammt aus den Erzählungen ihrer Großeltern oder anderer Zeitzeugen, denen sie heute gerne noch einmal zugehört hätte.

Aber fragen wir doch einmal die Autorin selbst, wie es dazu kam, dieses Buch zu schreiben.

„Vertrieben und dann?“ – Aus dem Leben meiner Eltern

Autorin Sylvia Mönnich

1. Was hat Sie veranlasst, eine Familienbiographie zu schreiben? Dass es ein äußerst spannendes und geschichtsträchtiges Thema ist, steht außer Frage.

Wie kam ich überhaupt zum Schreiben?

Ich weiß es noch genau, es war an einem Donnerstag im Juli 2020. Die Sonne signalisierte Urlaubsfeeling und das Thermometer kletterte auf 25 Grad. Den Berg Oybin kannte ich noch aus Kindheitstagen, er erschien mir heute als das ultimative Ziel. Der Zufall wollte es, dass mich mein Weg vom Parkplatz im Ort zum Aufstieg an der Hochzeitskirche durch den Oybiner Kurpark und über den Dammweg führte. Zwei Urlauber standen an einem Gartenzaun. Die Frau griff zum Prospekt in der kleinen Plastikbox am Eingangstor, legte es aber wieder hinein. Was wurde darauf angeboten?

Schreibkurse in der Schreibwerkstatt der Bestsellerautorin Martina Rellin

hier im malerisch gelegenen Kurort Oybin mitten im Zittauer Gebirge.

Ich war neugierig. Schreibkurse bei einer echten Schriftstellerin! Da musste ich hin. Gesagt, getan. Mit Herzklopfen rief ich bei ihr an. Noch im Juli habe ich mich für einen Schnupperkurs in Oybin angemeldet, der mir so gut gefiel, dass ich mich für eine Schreibwoche bei ihr im August 2020 eintrug. Mein Schreibprojekt sollte sich mit meinem zweiten Hobby – der Fotografie – verbinden. Ich hatte vor, meine Fotografien aus meinem Lieblingsurlaubsland Finnland mit den Geschichten dahinter zu vereinen.

Doch es kam anders. Als mir das Heft „Vertrieben“ von Monika Hahnspach, einer ehemaligen Kursteilnehmerin von Martina, in die Hände fiel, war mir klar, dass ich genau dieses Thema zum Gegenstand meines ersten Buches machen möchte. Wenn nicht jetzt, wann dann.

2. Wie verlief die Recherche zum Buch? Haben Sie die alte Heimat Ihrer Eltern selbst besucht?

Meine Großeltern haben nicht viel erzählt. In der DDR war das auch verboten. Die Begriffe Vertreibung oder Vertriebene durften nicht verwendet werden, man nannte sie Umsiedler oder Neubürger, als wären sie freiwillig nach Deutschland gekommen. Natürlich haben sie manchmal von früher berichtete, aber immer hinter vorgehaltener Hand. Sie haben das Unrecht verdrängt, so war es staatlicherseits gewollt und waren damit nicht alleine. Offizielle Vernetzungen von Vertriebenen, wie es die Vertriebenenorganisationen und Landsmannschaften in der BRD gab, wurden in der DDR nicht zugelassen. Wenn überhaupt boten die Kirchen eine Zufluchtsstätte für ihre Gedanken und das Heimweh.

Nach der politischen Wende wurde das anders. Die Vertriebenen, die sich im privaten Bereich immer verbunden hatten, durften über ihr Schicksal nun öffentlich berichten. Mein Großvater verstarb im Jahr 1983, meine Großmutter überlebte ihn zwanzig Jahre und erzählte manchmal. Heute bereue ich es, dass ich sie nicht genauer gefragt habe.

Mit meinen Eltern war ich vor der Wende öfter in Ungarn und wir haben ihren Heimatort Felsönána besucht, auch die Kirche, in der sie getauft wurde. Selbst für mich und meine Familie war Ungarn mit seiner „Badewanne“, dem Balaton oft ein beliebtes Urlaubsziel.

Gerne wäre ich für meine Recherchen noch einmal an die Orte zurückgekehrt, über die ich geschrieben habe, aber das Reisen in den Coronajahren erschwerte meinen Plan. Mein Mann und ich haben uns für diesen Sommer vorgenommen, dies nachzuholen und neben Felsönána das ungarn-deutsche Museum in Gyönk zu besuchen, im dem auch eine bunt bemalte Truhe meiner Großmutter ausgestellt ist.

Meine Eltern leben noch. Ich habe sie ganz viel gefragt und aufgeschrieben, was sie mir erzählt haben. Doch darf man nicht vergessen, dass sie Kinder waren und manches sich in der Erinnerung auch verklärt haben kann.

Auch andere Ungarnvertriebene haben mir Material zur Verfügung gestellt, das ich eingearbeitet habe.

3. Ab wann begannen sich Ihre Eltern in ihrer neuen Heimat wohlzufühlen?

Als sie sich im August 1951 in Schlema kennen lernten, war meine Mutter vierzehn und mein Vater sechzehn Jahre alt. Die Familie meines Vaters zog in die Wohnung neben der meiner Mutter. Beide waren Vertriebenenkinder und fühlten sich sofort miteinander verbunden. Meine Mutter lernte den Beruf einer Schneiderin, mein Vater wurde Dreher. Als meine Großeltern 1955 von Schlema nach Zittau zogen, wo viele der ungarn-deutschen Vertriebenen wohnten, musste meine Mutter musste mit. Mit meinen Vater war sie bereits verlobt. Natürlich zog er hinterher. 1956 gaben sie sich da Ja-Wort. Sie sind jetzt 67 Jahre verheiratet.

4. Welche Verbindungen gab es später in die alte Heimat? Oder wurden alle Brücken komplett abgebrochen?

Meine Großeltern haben ihr Zuhause nie wieder gesehen. Sie wollten nicht mehr an den Ort zurück, an dem ihre Vorfahren ihr ganzes Leben verbracht haben und der ihnen gestohlen wurde, ohne dass sie eine Schuld auf sich geladen haben.

Meine Mutter hat sich gefreut, dass sie ihre Heimat aus Kindertagen noch einmal besucht hat. Sie konnte sich mit den jetzigen Besitzern sogar in ihrer Landessprache ungarisch unterhalten.

5. Wie erging es den neuen Besitzern, welche den Hof der Eltern übernehmen mussten? Ihre Großeltern hatten ja noch ein gutes Verhältnis aufgebaut.

Was aus der damaligen Besitzerin wurde, weiß meine Mutti nicht. Später haben Ungarn das Haus übernommen, die ihnen auch den Hof noch einmal gezeigt haben und Verständnis für ihr Interesse hatten.

6. Was sagt Ihre Familie zu Ihren Recherchen? Für den ein oder anderen sind doch bestimmt neue Erkenntnisse und Aha-Effekte entstanden?

Die Familie findet es toll. Bis jetzt gab es nur positives Echo. Für sie habe ich ja auch dieses Buch geschrieben. Ich wünsche mir, dass die Geschichte meiner Familie und der vielen anderen, die dieses Schicksal teilten, nicht vergessen wird. Oft sind diejenigen, von denen ich berichte, nicht mehr am Leben oder weit in den Achtzigern. Aber ihre Kinder und Enkelkinder, oft gibt es schon Urenkel, sollen erfahren, wie ihre Vorfahren gelebt haben.

7. Wollen Sie das Buch der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen und wo kann es erworben werden?

Ich habe nicht geahnt, dass dieses Buch so viele Menschen interessiert. Bis jetzt kann man es nur über mich erwerben.

Man kann das Buch im festen Umschlag mit Lesebändchen und Fotografien aus längst vergangenen Zeiten für 28,00 € kaufen. Das ist natürlich ein besonderer Lesegenuss.

Doch diejenigen, die nicht so viel Geld ausgeben wollen, können es auch als Taschenbuch für 13,50 € erhalten.

Meine E-Mai-Anschrift lautet: .

Sie erreichen mich telefonisch unter 03593230551 oder mobil 01605312393

Auszug aus „Vertrieben und dann?“

Raustreten! Sachen nehmen!

 

Stiefel traten gegen die geschlossene Eingangstür, danach unver­ständliches Gebrüll.

„Raustreten! Sachen nehmen! Das, was ihr tragen könnt!“, schrie die Stimme in barschem Ton. „Ihr habt zwei Stunden Zeit!“

Entsetzen!

Es war der 25. August 1947. Elisabeth erinnert sich daran, als wäre es gestern gewesen. Nie wieder hatte sie so viel Angst, wie damals als Kind, auch wenn seitdem über sieben Jahrzehnte ver­gangen waren.

Elisabeth – früher Lieschen oder Liesbeth genannt – denkt an eine sonnige Kindheit zurück. Bis zum Kriegsende im Jahre 1945 wuselte die damals Achtjährige unbeschwert zwischen den Beinen ihrer Mutter, noch viel lieber ihrer Großmutter herum. Der Bauern­hof, auf dem sie aufwuchs, war ihr Paradies. Stundenlang schaute sie den Hühnern zu, wie sie die dicken, großen Maiskörner pick­ten. Sie drückte ihre Puppe an sich, die ihr Patenonkel Janós geschenkt hatte. Der Kopf war mit Lappen umwickelt und mit Stroh ausgestopft, den Puppenkörper hatte ihre Tante aus eingefärbter Wolle gehäkelt und ihr große schwarze Augen aufgestickt. Es war Lieschens erste Puppe und sie liebte sie abgöttisch. Ihr sieben Jahre älterer Bruder Friedrich half schon tüchtig in der Bauernwirtschaft, er hätte sie eines Tages übernehmen sollen. Es kam anders.

 

Wer melkt die Kühe?

 

Der Bauernhof der Familie Schmidt gehörte fortan einer alleinstehenden Ungarin mit zwei kleinen Kindern, die aus der Kleinstadt Békéscsaba im Südosten Ungarns zwangsumgesiedelt wurde. Das Nebeneinanderleben mehrerer Nationen an der rumänischen Grenze und die Umorganisation der Staatsgrenzen mit dem groß angelegten Bevölkerungsaustausch nach dem Zweiten Weltkrieg bedrohte auch die Existenz der Städterin. Dass die Regierung ihr einen Bauernhof zuwies, der bis dahin einer fremden, ungarn-deutschen Großfamilie gehörte, überstieg ihre Vorstellungskraft. Aus Angst um ihr Leben und das ihrer Kinder übernahm sie die ihr zugeteilte Wirtschaft und starrte verzweifelt auf Schweine, Kühe und Gänse.

Die ungarn-deutsche Familie Schmidt wurde im Jahr des Kriegsendes noch nicht vertrieben, sondern zunächst ihres Besitzes beraubt. Sie hauste mit der Neueigentümerin auf dem Gelände und musste mit ansehen, wie die Neue ihren seit Generationen in Familienhand geführten Bauernhof ohne Sinn und Verstand runterwirtschaftete.

„Friedrich, hast du gesehen, was sie unseren Schweinen füttert? Bekommen die denn überhaupt Futter? Ich höre sie so laut quieken!“, flüsterte seine betagte Mutter Katharina.

„Das sind nicht mehr unsere Schweine. Und ich höre nur Gebrüll aus dem Nachbarhof.“, brummte er viel zu barsch.

„Das hat uns der Herr im Himmel angetan.“, hauchte sie kaum vernehmbar und wagte nicht, den Blick zu heben.

Lieschens Vater Friedrich lehnte sich an das Fenster und lugte durch die Spalten der geschlossenen Fensterläden. Staubkörnchen flirrten im Licht der untergehenden Sonne. Mit der Hand strich er sich durch sein schütteres Haar. Was er erspähte, bereitete auch ihm Kopfschmerzen. Seine Mutter hatte recht, trotzdem wollte er es ihr gegenüber nicht zugeben. Schlief sie vor Sorge auch so schon keine Nacht.

Die Tür zum Schweinestall quietschte erbärmlich und holte ihn aus seinen Gedanken. Die Neubäuerin hatte sich eine viel zu große Schürze umgebunden und lief barfuß mit einer von seinen Emailleschüsseln in den Händen über den staubtrockenen Platz. Den Schweinen warf sie tatsächlich vor, was vom Essen übrigblieb und das war nicht viel. Wovon sollten sie fett werden bis zum Schlachten? Schweineschlachten diente dem Überleben der Menschen im Winter. Ob sie das wusste? Seine Gedanken kreisten um die ungewisse Zukunft seiner Familie und vor allem darum, wie er die Alten und die Kinder vor dem Hungern bewahren konnte.

Sein Blick wanderte zum Federvieh. Die hauseigenen Gänse saugten nach jedem Regenguss das Wasser aus den Pfützen oder trollten sich zum Tümpel an der Grundstücksgrenze. Auf dem angrenzenden Feld fraßen sie alles, was ihnen unter den Schnabel kam. Sie ernährten sich von Pflanzen, Samen oder Früchten, manchmal sogar von Würmern oder Schnecken.

Doch die Kühe standen mit prall gefüllten Eutern im Stall und mussten gemolken werden. Er sah die Neubäuerin verzweifelt auf dem hölzernen Melkschemel hocken, weil nicht ein einziger Tropfen Milch in die Kanne floss. Das Brüllen der Milchkühe konnte sich Elisabeths Vater nicht länger mehr mit anhören.

Friedrich trat aus der Tür und atmete einen Schwall heißer Sommerluft ein.

„Geht weg, so wird das nichts! Lasst mich ran.“

In Ungarn sagte man nicht du zueinander oder sie. Man redete sich immer in der dritten Person an.

„Na, geht schon. Ich zeige es euch.“, herrschte er die ungeschickt hantierende Zugezogene an. Ungläubig fixierte sie ihn und wischte sich den Schweiß vom Gesicht. Wollte der Mann in den zerschlissenen Sachen ihr wirklich helfen? Unbeholfen stand sie auf. Tränen stiegen ihr in die Augen.

„Die Kuh schlägt mit dem Huf nach mir.“, schluchzte sie und überließ ihm den Melkschemel.

Friedrich konnte nicht anders. Unter seiner Anleitung lernte sie in den darauffolgenden Monaten vieles, was auf dem Bauernhof zu tun war, so auch das Melken. Dafür teilte sie mit den Ungarn-Deutschen das, was sie nun gemeinsam erwirtschafteten. Wäre nicht der 25. August 1947 gekommen, hätten sie vielleicht eine Schicksalsgemeinschaft bilden können. Es sollte nicht sein.

Einer für den anderen

Einer für den anderen

Unsere Dorfkirche wird von einem alten Friedhof umgeben. Viele Menschen fühlen sich mit diesem Ort verbunden. Manche nehmen an Gottesdiensten teil, andere erfreuen sich nur am Klang der Glocken. Aber allen Besuchern des Friedhofes ist eines gemeinsam, sie besuchen die Gräber von Angehörigen und Freunden, finden Trost und Besinnung dabei.

Wenn die Grabstätten alljährlich neu bepflanzt, geschmückt und gepflegt werden, beginnt die Zeit des Gießens. Dabei hat sich in den  letzten Jahren auf unserem Friedhof eine schöne kleine Tradition entwickelt:

 

 

Neben der Wasserstelle wird man von einer Reihe bereits gefüllter Gießkannen erwartet und kann sich gleich bedienen. Das kalte Brunnenwasser hatte genug Zeit, um sich an der Luft zu erwärmen. Das wissen vor allem die Blumen zu schätzen. Doch auch als „Gießer“ freut man sich über einen solchen Empfang.

Hier hat ein anderer etwas für mich vorbereitet, hat mitgedacht und vorgesorgt. Deshalb geschieht es wie selbstverständlich, dass ich nach getaner Arbeit die Kannen, die ich geleert habe, wieder auffülle – für den Nächsten.

Manchmal frage ich mich: „Wer wird es sein?“ … und wünsche ihm in Gedanken einen guten Tag.

 

So hat jeder nicht mehr und nicht weniger zu tun, als wenn er die Kannen für sich selbst  füllt. Und trotzdem ist etwas Gutes dazugekommen: ein wenig Fürsorge auf der einen und Dankbarkeit auf der anderen Seite.

 

©  Eva Mutscher

Gartenkonzert

Gartenkonzert

Das zweite Jahresviertel beginnt und mit ihm die Jahreszeit, die von vielen Menschen als die am meisten geliebte beschrieben wird.

Ich frage mich, warum das so ist. Wahrscheinlich sehnen wir uns nach der Sicherheit, die wir fühlen, wenn nach der Winterruhe immer wieder ein neuer Frühling folgt.

Beständig und zuverlässig wiederholen sich in der Natur Ruhepausen und Wachstum. Neues entsteht – in ganz eigenem Tempo.

 

 

 

Ich glaube, davon können wir uns etwas abschauen, und deshalb wünsche ich Ihnen genug Zeit, um die frische und energiegeladene Frühlingsluft bei Spaziergängen oder bei ersten Gartenarbeiten zu genießen.

Die Düfte, Töne und Farben dieser Zeit sind ein Geschenk, dass wir auf vielfältige Weise entdecken dürfen.

Zum Beispiel so:

Gartenkonzert

Ein Konzert ganz ohne Gleichen,

erste Reihe, Eintritt frei,

wird bei mir zu Haus gegeben,

staunend eile ich herbei.

 

Die Kulisse: grüne Aue,

Rosenbusch und Apfelbaum

und davor quillt von Rabatten

duftend, bunt ein Blütentraum.

 

Ja, mein Garten ist Konzertsaal,

jedes Jahr zur Frühlingszeit.

Die Akustik – einzigartig,

unterm Himmel, blau und weit.

 

Meisen zwitschern, Spatzen tschilpen,

Amseln flöten wie noch nie.

Der Pirol übt unermüdlich

seine alte Melodie.

 

Krähen krächzen, Elstern schnarren,

der Fasan ruft laut und heiser

zu des Spechtes wildem Klopfen:

„Geht es nicht ein bisschen leiser?“

 

Lachend klappern Störche weiter

und der Kuckuck ruft dazu:

„Das Konzert ist nicht zu Ende,

erst beim Mondschein gibt es Ruh.“

 

Doch da jubelt es von Ferne:

„Jedem, der nicht schlafen kann,

stimmen wir, die Nachtigallen,

unser schönstes Schlaflied an.“

 

Dankbar lausch ich in den Abend,

ruhig werden Herz und Sinn.

Und ich spüre tiefe Freude,

dass ich hier zu Hause bin.

 

©  Eva Mutscher

 

Fotografie trifft Lyrik – Vernissage von Haiko Spottke in Bautzen

Fotografie trifft Lyrik – Vernissage von Haiko Spottke in Bautzen

31.03.2023 – Gelungene Vernissage des Fotografen Haiko Spottke in der Stadtbibliothek Bautzen.
Viele Besucher kamen zur Eröffnung der Ausstellung „Augenblicke – aus meiner Sicht“
Die Laudatio hielt Frau Krauße, Herr Krauße war am Keyboard.

Ganz neu sind die Fotos von Sand 1m x 1m auf Alu-Dibond. Diese sind auf der größten ostfriesischen Insel Borkum im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer entstanden.

Haiko Spottke hat hier Sand mit der Kamera neu entdeckt. Was auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist, sieht er am PC in seinen Bildern, feine Unterschiede, ungewöhnliche Farben und Strukturen.
Also ist Sand nicht gleich Sand, die Sichtweise ist entscheidend, wie so vieles im Leben.

Manchmal ergänzen eigene lyrische Texte/ Gedichte die Fotos, beschreiben die Gefühle und Stimmungen, die Haiko Spottke mit diesen Fotos verbindet.

Das Besondere sehen. Momente und Emotionen festhalten.
Dem Betrachter zum Sinn der „eingefangenen AugenBlicke“ führen.

Dafür steht    Blick-Punkt – Fotografie – Haiko Spottke www.blick-punkt-fotografie.de

Die Ausstellung ist noch bis zum 14. Juli in der Stadtbibliothek zu sehen.

 

Probe mit Falout

Probe mit Falout

Oberlausitz-art ist heute zu Gast bei Falout. Eine junge Band aus der Nähe von Bischofswerda.

Uns empfängt ein Proberaum mit „hölzerner“ Atmosphäre. Das irritiert doch schon ein wenig.

Immerhin treffen wir eine junge, engagierte Metal-Band, welche bereits eine feste Fangemeinschaft hat, wenn man Insiderberichten glauben kann.

Aber wir wollen uns davon natürlich zuerst einmal selber überzeugen und bitten die Jungs uns eine Kostprobe ihres Könnens zu geben.

Da lässt sich natürlich keiner lange bitten. Mit dem Hinweis “ es könnte etwas laut werden“ wird Gehörschutz verteilt. Die Fenster sind geschlossen. Kurzes Stimmen der Instrumente und schon erklingen die ersten Töne des ersten eigenen Songs.

Es geht sofort voll zur Sache. Schnell wechselnde Akkorde, die Luft vibriert, die markante Stimme des Sängers kommt hinzu und doch ist alles im Flow, passt zusammen und macht irgendwie den Kopf frei. Schon bald sind wir im Rhythmus drin und folgen einfach dem Treiben auf der kleinen Proberaumbühne. Die Jungs legen sich mächtig ins Zeug. Der Bass drängt sich nach vorn, die E-Gitarre folgt, noch ein Schlagzeugwirbel und plötzlich wieder Stille.

Wir sind begeistert und jetzt wird uns auch klar, warum der Nachbar was gegen das geschlossene Fenster hat. Für ihn einfach ein Privatkonzert mit Heimvorteil und die Jungs erfüllen ihm auch des Öfteren den Wunsch.

Jetzt wollen wir natürlich genau wissen, mit wem wir es zu tun haben.

Also eins ist schon mal sicher, aus den Zeiten der Schülerband sind die drei jungen Männer lange raus.

Eine absolute Rangfolge gibt es nicht. Es wird gemeinsam geplant und die Entscheidungen werden im Kollektiv getroffen und doch hat jeder auch seine feste Position mit individuellen Aufgaben.

Sänger und Bassist Birk ist kreativer Kopf der Band. Aus seiner Feder kommen Text und das musikalische Gerüst. Für die Metal-Band brennt er, steht aber auch fest im wahren Leben und studiert an der TU Dresden das Fach Regenerative Energien.

Artur hat mit seinem Vater den Proberaum ausgebaut, macht sein Abitur und ist der Drummer der Band.
Voller Leidenschaft erzählt er uns von der Entstehung der Band, ihren Träumen und Plänen.
Er ist der organisatorische Leiter.

Theo, der jüngste im Bund, spielt die E-Gitarre. Ihm wurde die Musik bereits in die Wiege gelegt.
Alle in seiner Familie spielen ein Instrument. Von der Gründung einer Musikschule bis zum Betreiben eines Musikgeschäftes in Dresden ist alles dabei. In seinen Händen liegt die Buchhaltung.

Um die Band komplett zu machen, ist man aktuell dabei, einen vierten Mann zu finden. Aber auch da ist die Entscheidung wohl schon gefallen. Sobald die zweite E-Gitarre sein Gesellenstück fertig und seine Prüfung erfolgreich bestanden hat, wollen die vier jungen Musiker so richtig durchstarten.

Natürlich wollen wir noch wissen, wie die Band zu ihrem Namen gekommen ist. Eine Metal-Band Fallout gab es bereits Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre. „Aber die schrieben sich mit zwei L und wir dachten, der Name und seine Bedeutung -nuklearer Niederschlag- passt trotzdem zu uns“, sagt Artur. „Also haben wir kurzerhand ein L weggelassen und nennen uns seit dem Falout. Das unterstreicht am besten unsere Musik und unsere Antikriegseinstellung.“

Seit ihrer Gründung im Jahr 2019 spielen die Jungs ausschließlich Coversongs aus der Richtung Metal und Rock. Das soll sich bald  ändern. „Aktuell stellen wir unser Repertoire auf eigene Songs um“, verrät uns Artur. Ein Stück durften wir eingangs schon hören, an vier weiteren wird kräftig gearbeitet. Noch dieses Jahr soll eine erste EP rauskommen. Das treibt die Band natürlich richtig an. Aber das ist auch verständlich, mussten sie doch schon kurz nach ihrer Bandgründung und ersten hoffnungsvollen Konzerten eine Zwangspause durch Corona einlegen.

Am Veranstaltungsplan wird fleißig gearbeitet, Termine klargemacht, Angebote gecheckt, Songs einstudiert.

In einem ist sich Falout sicher. Das wird ihr Jahr, mit ostdeutschem Heavy Metal, neuen Songs, laut und mit offenem Fenster.

Wir dürfen gespannt sein.

Wenn Ihr mehr über die Band wissen wollt, dann besucht einfach ihr Profil auf oberlausitz-art.

Unter der Rubrik -MUSIKER & BANDS- stellen sich die vier jungen Männer vor.

Schottland trifft die Oberlausitz

Schottland trifft die Oberlausitz

Schwarzer Frühling / Part I

INKFIELDS ON TOUR – Schottland trifft die Oberlausitz

Special Guest: STEIN / :folk de deuil:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Autor : Norbert Strahl (Gruppe Stein)

Inkfields kommt ursprünglich aus Schottland. Als Soloact oder mit Freunden spielte er schon in Australien, Italien, Schottland und Deutschland.
Musik ist seine Leidenschaft, die er jetzt auch zu seinem Beruf machen konnte.
Alle Lieder auf seinen zwei, auf Bandcamp erschienen, EP`s sind selbst geschrieben, aufgenommen, produziert und gemastert.
Inkfields steht für experimentellen Indie – Pop. Die Kombination aus innovativen Live-Loop-Performances, dick strukturierten Platten und originalen handgezeichneten Kunstwerken macht Inkfields zu einem einzigartigen Künstler.

 

ABER … wie verschlägt es einen gebürtigen Schotten ausgerechnet nach LÖBAU?

Natürlich – die LIEBE! Seine Frau Karo, welche auch gemeinsam mit ihm musiziert, wurde in Löbau geboren und wanderte mit ihm gemeinsam ins schöne Edinburgh aus.

Sam mag Löbau – allein schon „wegen dem Kleinstadtflair“.

Er selbst lebte bislang nur in Großstädten wie Sydney, London, Stockholm und Glasgow, doch Sachsen, so sagt er selbst, „hat die schönsten Städte“.

UND … Sam liebt das deutsche Essen!!!

Inkfields steht für experimentellen Indie–Pop;

Selbst geschrieben, selbst aufgenommen, selbst produziert …ein Ausnahmetalent!

 

Den Deutsch–Schottischen Abend begleiten die Löbauer Lokalmatadoren der Band STEIN mit Ihrem ganz besonderen Musikstil, den sie selbst als „Trauerfolk“ bezeichnet.

Eine musikalische Mischung , auf die ihr gespannt sein dürft!

 

Tickets sind unter:

www.joki-loebau.de

und in der Tourist-Information Löbau (Tel.: 03585 450140) sowie an der Abendkasse erhältlich.

 

Running Order:

19 Uhr Einlass

20 Uhr STEIN /:folk de deuil:

21 Uhr INKFIELDS

 

 

https://www.facebook.com/inkfields

https://inkfields.bandcamp.com/

https://steinfolk.bandcamp.com/

https://fb.me/e/3lW004Lak

Waltraud Lorek im „Grünschnabel“

Waltraud Lorek im „Grünschnabel“

Waltraud Lorek – Malerei und Grafik
Im Restaurant „Grünschnabel“
Die Schönheit der Natur und das Leben der Menschen abbilden, dafür brennt sie.

Das ist ihre Mission.

 

 

 

Schon in der Kindheit fasziniert sie die Kunst und mit der Zeit wurde ihre kreative Ader immer
ausgeprägter.
Geboren wurde Waltraud Lorek 1967 in Oschatz. Im Alter von etwa zehn Jahren begann sie damit,
Portraits ihrer Eltern und Geschwister zu zeichnen. Ihr Onkel, der Radebeuler Architekt und Zeichner
Thilo Hänsel (1939 – 2017), nahm sie in die Natur mit und zeigte ihr verschiedene Techniken,
Von sich selber sagt Sie:
„Im Zoo nahm ich immer meinen Skizzenblock mit, um die verschiedensten Tiere abzubilden und
Schnelligkeit zu üben. Auch an der Haltestelle oder im Restaurant zeichnete ich unbemerkt die
Menschen, die mich umgaben. So schulte sich das Auge und die Hand lernte, dieses umzusetzen.
Vor etwa 12 Jahren entdeckte ich eher zufällig die Pastellkreiden. Nach kurzer Zeit wuchs meine
Begeisterung über diese neue Malart, ich gewann diese unscheinbar wirkenden Kreiden, die oft
zerbrachen, lieb und fing an, damit zu malen. Ich entdeckte Künstler wie Jean-Étienne Liotard (Das
Schokoladenmädchen, 1744), ein großartiger Künstler, der mich sehr faszinierte. Über die
vergangenen Jahre fand ich dann zu meinem persönlichen Stil in der Pastellmalerei.“
So trifft man die begabte Malerin vorrangig draußen in der Natur.
„Am liebsten male ich in der Natur. Es ist immer wieder eine Herausforderung, beim Wechselspiel
des Lichtes den eigenen Eindruck des Motives festzuhalten .Aber mich begeistert es, die Natur mit
allen Sinnen zu erleben und mittendrin zu sein, das wiederzugeben, was mir wichtig ist, wovon ich
fasziniert bin.“
Wer Lust auf die Arbeiten von Waltraud Lorek bekommen hat, der kann ihre Werke aktuell in
Bautzen und Dresden bewundern.
– Aktuelle Ausstellung in Bautzen 22.März bis Mitte Juni 2023
Restaurant Grünschnabel, Kurt-Pchalek-Straße 2
Bautzener Motive, Stillleben mit Früchten, Blumenaquarelle und Landschaft
– Geschäftsräume von KREACON, Unterer Kreuzweg 6, Dresden 01097
Die Ausstellung kann während der Öffnungszeiten und nach Vereinbarung besichtigt werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Malerei und Grafik – Querbeet

Malerei und Grafik – Querbeet

Vernissage am 24.03.2023      Ratssaal Wilthen

Sechs unterschiedliche Handschriften der Malerei und Grafik präsentieren sich ab heute den Besuchern von Rathaus, Sparkasse und Bücherei in Wilthen.

 

 

 

 

 

Die Künstlerinnen zeigen mit ausdrucksstarken Arbeiten ihre Sicht auf unsere Heimat und setzen Gefühle gekonnt um. Letztendlich entstand eine Ausstellung, die bunter und vielfältiger nicht sein könnte.
Die Ausstellenden Frauen sind Christine Jahns, Gudrun Lerch, Michaela Mönch, Ludmilla Panse, Christiane Willroth und Elke Woltersdorf.
Organisiert und ausgerichtet wurde die Ausstellung, wie immer, vom Wilthener Kultur- und Kunstverein.
Zu sehen sind die Werke während der normalen Öffnungszeiten der drei Ausstellungsorte.

Als die Sonne den Ahorn besuchte

Als die Sonne den Ahorn besuchte

Wie gut und richtig es ist, wenn das Jahreszeitenrad sich beständig weiterdreht – das lernt ein junger Ahorn in der Geschichte, die ich Ihnen heute vorstellen möchte.

Und geht es uns nicht ähnlich? Wer möchte nicht manchmal die Zeit anhalten?

Jetzt aber dürfen wir uns freuen, auf die lang ersehnte und wohl zauberhafteste Zeit des Jahres: den Frühling.

 

 

Als die Sonne den Ahorn besuchte

 

Die Frühlingssonne machte sich gleich nach dem Morgengrauen auf den Weg. Heute gab es mehr zu tun als in den letzten Wochen. Sie wollte der Erde nicht nur Licht schenken, sondern jedes Fleckchen mit wärmenden Strahlen besuchen, um die Natur aus dem Winterschlaf zu holen.

Die Bäume des Laubwaldes streckten ihr nackte Äste entgegen. Es war höchste Zeit, das Jahreszeitenrad weiter zu drehen. Würde es ihr wieder gelingen, aus den kahlen Zweigen grüne Spitzen hervorzulocken? Es war jedes Jahr ein neues Wunder. Voller Begeisterung machte sie sich an die Arbeit. Dabei fiel ihr ein junger Ahorn auf. Er war so klein und schmächtig, dass sie beschloss, sich um ihn besonders zu kümmern. Liebevoll wärmte sie jedes Zweiglein und beobachtete, wie sich winzige Blattspitzen ans Licht kämpften. Doch dem Ahorn, der die Winterstarre abschüttelte und sich gähnend reckte, schien das gar nicht recht zu sein.

„Was soll das?“, rief er und versuchte, sich im Schatten seiner Nachbarn zu verstecken. „Was tust du mit mir?“

Die Sonne war es gewohnt, dass Menschen, Tiere und Pflanzen sich nach ihrer Wärme sehnten, und sie wunderte sich. „Weißt du nicht, dass du mich brauchst, damit dir Blätter wachsen? Du willst doch nicht als Einziger kahl bleiben.“ Sie kicherte.

Der junge Ahorn wackelte entrüstet mit seinen Zweigen. „Natürlich will ich das! Ich finde meine Zweige schön. Sie sind leicht, meine Krone ist luftig und ich will nicht, dass sich daran etwas ändert.“

Die Sonne schüttelte den Kopf, ließ sich aber nicht beirren. So sehr sich der junge Ahorn auch sträubte, die Natur nahm ihren Lauf und bald wuchsen ihm, wie allen umstehenden Bäumen, frische grüne Blätter. Und da keiner der anderen Bäume daran etwas auszusetzen hatte, gab er sich endlich damit zufrieden. Wenig später, als sich Vögel auf ihm niederließen und vergnügt auf den belaubten Zweigen wippten, erfüllte ihn sogar Freude über das prächtige Blätterwerk. Den ganzen Sommer über präsentierte er stolz und aufrecht seine wachsende grüne Krone und war sicher, dass nun alles so bleiben würde.

 

Aber der Herbst zog ins Land, schob die Sonne hinter eine Wolkenwand und holte Stürme und Nebel aus seinen Taschen. Ein Teil der Vögel machte sich reisefertig.

„Ich hoffe, deine Blätter färben sich, bevor wir starten“, sagte eines Tages der Buchfink, der sich für einen kleinen Abendgesang auf dem Ahorn niedergelassen hatte.

„Wieso färben?“, entgegnete der Ahorn. „Meine Blätter sind wunderbar grün, und ich will nicht, dass sich daran etwas ändert.“

Der Buchfink schüttelte den Kopf und setzte zu einer Entgegnung an: „Willst du kein Herbstlaub? Warte ab, wie wunderschön bunt alles bald aussieht.“

Der Ahorn befühlte wehleidig sein Blätterdach und schielte zu anderen Bäumen. Tatsächlich! Hier und da zog sich das Grün zurück und machte gelblich-braunen Flecken Platz.

„Ich will das nicht!“, flehte er, aber der Herbst war unerbittlich. Als der Ahorn nach einer besonders kalten Nacht erwachte, trug er ein fremdes Blätterkleid.

„Das bin nicht ich!“, rief er entsetzt und schaute verzweifelt um sich. Da bemerkte er die bewundernden Blicke der älteren Bäume ringsum. Sie alle hatten sich farbenfroh geschmückt, doch keiner leuchtete so wie er. Allmählich begann der Ahorn selbst über die bunte Pracht, die ihn bekleidete, zu staunen. Von strahlendem Gelb, über warmes Oranges bis zu tiefdunklem Rot hatten sich so viele Farben über ihn ergossen, dass er es langsam genoss, im Mittelpunkt aller Bewunderung zu stehen. Nun wusste er endlich, wie ein fertiger junger Ahorn aussah und er brüstete sich und winkte mit seinen flammenden Zweigen nach allen Seiten.

„Werde nur nicht hochmütig“, säuselte ihm da der erste Nachtfrost ins Geäst. „Noch habe ich am Boden zu tun, aber wenn ich erst über deiner Krone schwebe, werden sie fallen, deine bunten Blätter.“

„Verschone mich!“, rief der Ahorn. „Kümmere dich um die anderen, aber meine Blätter sind einzigartig in ihrer Farbenpracht und ich will nicht, dass sich daran etwas ändert.“

Der Frost schüttelte den Kopf und lachte klirrend: „Glaubst du etwa, du würdest so den Winter überstehen? Zierlich wie du bist, und mit der Schneelast auf allen Blättern?“

„Ich will sie nicht loslassen“, jammerte der Ahorn.

„Dann halte sie fest, wenn du kannst“, entgegnete der Frost, in der stillen Gewissheit, dass er seine Aufgabe genau wie jedes Jahr erfüllen würde.

„Wer kann mir helfen?“, rief der Ahorn unglücklich und seufzte, weil er sich so verlassen fühlte.

 

Was war das für ein Getümmel unter den anderen Bäumen? Der Ahorn schielte ein wenig neidisch auf seine Nachbarn. Deren Kronen hatten sich zwar gelichtet, aber unter ihnen stampften fröhliche Kinder im Blättermeer. Sie warfen Hände voll mit raschelndem Laub in die Höhe, sie bauten sich kuschelige Nester in Laubhaufen und sammelten die schönsten Blätter, um sie zwischen Buchseiten zu pressen. Als sie sehnsüchtig nach seinen eigenen Blättern sahen, wusste er, dass es Zeit war. Schwermütig ließ er eins nach dem anderen fallen. Der Herbstwind hatte Mitleid mit ihm und wollte ihn aufheitern. Er huschte zwischen die Zweige und lud die Blätter zu einem Tanz ein. Sie schwebten und wirbelten so fröhlich zur Erde, dass der Ahorn nicht anders konnte, als zu glauben, dass nun alles seine Richtigkeit hatte. Die Sonne zwängte sich durch einen Ritz in der Wolkendecke und schickte ein paar Strahlen nach unten.

„Siehst Du nun, wieviel Schönes geschehen kann, wenn du es zulässt?“

Der Ahorn, der inzwischen ein beträchtliches Stück gewachsen war, reckte sich und streckte der Sonne seine Zweige entgegen.

„Wenn ich es nur früher gewusst hätte …“, sagte er und lächelte, „Aber es ist gerade so schön, und ich will eigentlich nicht, dass sich daran etwas …“

„Ohne Winter, kein Frühling“, unterbrach ihn die Sonne. „Du wirst dich nun ausruhen und Kräfte sammeln, und ich verspreche dir, ich komme wieder, um dich zu wecken. Glaub mir, dann beginnt alles neu.“

Eva Mutscher

www.eva-mutscher-geschichten.net

 

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