
Skulpturenpfad – „Unter der Obhut des Herrn“
Unter der Obhut des Herrn
Herrnhut ist unter den Oberlausitzer Siedlungen das „Küken“. Während ringsherum alle Dörfer ihre 700- Jahrfeiern hinter sich haben, konnte der Ort Herrnhut 2022 gerade einmal seinen 300. Geburtstag feiern. Weil Herrnhut so jung ist, weiß man dafür genau wann, wo und wie der Anbau tatsächlich losging, nämlich mit dem Fällen einer Tanne am 17.6.1722 durch den mährischen Zimmermann Christian David nahe der ehemaligen B178 im Wald südlich von Herrnhut. Als frommer Mann betete Christian David vor dem ersten Axthieb mit Worten aus dem 84. Psalm: „…Der Vogel hat ein Haus gefunden, die Schwalbe ein Nest, da sie Junge hecken….“ Noch heute erinnert der „Denkstein“ im Wald an dieses Ereignis.
Die Skulptur zeigt ein Nest unter zwei schützend darüber gehaltenen Händen. Das Nest besteht aus den Werkzeugen der damaligen Erbauer und wenn man dort etwas finden sollte, was es damals noch nicht gab, dann zeigt das, dass so ein Nest nie wirklich fertig ist- jede Generation baut/repariert daran weiter.
Am 9.5.45 hat Herrnhut erlebt, was es bedeutet, wenn die schützenden Hände über dem Nest mal nicht da sind. Durch Brandstiftung der feiernden Roten Armee ging ein Großteil des Stadtzentrums in den ersten Stunden des Friedens in Flammen auf. Die Brüdergemeine hat diese Brandkatastrophe als Strafe dafür angesehen, dass man sich im dritten Reich zu spät und auch nicht energisch genug gegen das Regime gestellt hatte.
Im späteren Verlauf des Krieges mussten viele Kirchen Glocken abgeben. Diese wurden nach Hamburg gebracht, wo sie zu Rüstungszwecken eingeschmolzen wurden. Auch Herrnhut musste sich von Glocken trennen.
Als der 2. Weltkrieg vorüber war, gab es in Hamburg auf dem sogenannten „Glockenfriedhof“ noch viele Glocken, die noch nicht eingeschmolzen worden waren. Kaum jemand wusste welche Glocke zu welcher Kirche gehörte. Auf einer Glocke stand allerdings der Name Herrnhut drauf- in Verbindung mit einer Liedstrophe Zinzendorfs:
„Herrnhut soll nicht länger stehen, als die Werke Deiner Hand ungehindert drinnen gehen- und die Liebe sei das Band.“
Dadurch konnte man die Glocke rasch zuordnen und das Erste, was aus den Ruinen des Kirchensaales wieder aufgebaut wurde, war das Türmchen für diese Glocke, deren Liedstrophe über den Ruinen des zerstörten Herrnhuts wieder erschallte.
Herrnhut stand nicht mehr, bekam aber eine zweite Chance und bis auf die Gasthofecke, den Parkplatz beim Paul-Bäcker und den Kirchgarten sind mittlerweile alle zerstörten Häuser wieder aufgebaut- oft größer und natürlich moderner als zuvor.
Die Glocke, die jedes Jahr am 17.6. (dem Tag der Fällung des ersten Baumes) geläutet wird, ist Mahnung und Herausforderung zugleich: Die segnenden und schützenden Hände Gottes haben die Herrnhuter daran geknüpft, dass Gottes Wirken im Ort spürbar sein soll- sei es in Kindergärten, Schulen, Diakonischen Einrichtungen, den Betrieben, dem Hospiz oder einfach dem Miteinander im Ort. Herrnhut bleibt also eine Dauerbaustelle, denn dazu müssen möglichst Alle täglich beitragen- gelingt leider nicht immer, aber wenn, dann liegt auch spürbarer Segen darauf.
Die Station 3 ist verbunden mit der Empfehlung, sich die dazu passende, sehr informative Sonderausstellung im Heimatmuseum (80 Jahre Kriegsende/großer Brand von Herrnhut) mal anzuschauen.
Luftbild Herrnhut vor der Zerstörung
Zerstörter Kirchensaal
Kirchensaalruine mit Glockentürmchen
Nahaufnahme der Inschrift der Glocke
Wenn man den Pfad (ca. 6 km) ohne Führung wandern will, empfiehlt sich das Begleitheft, in dem man zu allen Stationen und zur Entstehung wichtige Hintergrundinformationen bekommt. Dieses Ist in Deutsch, Englisch und Tschechisch im Buchhandel erhältlich.
Hier werden nun die einzelnen Stationen in den nächsten Wochen vorgestellt.
Nächste AUSGABE : 19. September 2025
Station 4: “ Streit „
Die Beiträge sind mit freundlicher Unterstützung in Kooperation mit dem Verantwortlichen für den Pfad, Herrn Matthias Clemens, entstanden.
Herr Clemens ist Leiter der Forstverwaltung der Evang. Brüder-Unität, Herrnhut.
Führungen auf dem Skulpturenpfad oder durch Herrnhut sind nach Anmeldung über das Gästepfarramt möglich:
Telefon: +49 172 4412306
E-Mail: ()